Ich will den ersten Satz zum Anlass nehmen, die Überschrift gleich wieder zu berichtigen. Denn wie gewiefte Journalistenfüchse sich vielleicht schon gedacht haben: "Vor Ort" darf man nicht schreiben, wenn es nicht um einen Besuch im Bergwerk geht. Da der Besuch eines Spiels gegen Schalke 04 mich zumindest in die Nähe einer Zeche rückt (in Gelsenkirchen soll es ja einige davon geben), will ich es aber gelten lassen.
Ich war vor Ort, ich war im Stadion. Zum dritten Mal nach 1991 (erwähnter Ministrantenausflug) und 1997 (DFB-Pokal, DJK Waldberg - Bayern München, 1:16), zum dritten Mal im Frankenstadion, das jetzt nach einer Kreditvergabeanstalt heißt und blau angestrichen ist.
Lange wollte ich nicht mit und lange dachte ich auch, V. wollte mich keinesfalls dabei haben. Die Gefahr, ich könnte auf der Gegengeraden ähnlich dumme Fragen stellen wie daheim vor dem Fernseher war nicht sehr klein, das muss sogar ich zugeben. So gesehen stellten wir uns beide dieser Gefahr, ich ausgerüstet mit einem nagelneuen FCN-Schal. Er ist dezent weiß-rot gestreift, und wenn man seine Enden in den Mantel stopft, sieht er aus wie ein ganz normaler Schal.
Erstanden hat ihn V. in der Club-Geschäftsstelle, dazu ein neues Trikot (für ihn selbst) und diverse Aufkleber (zum Beispiel für unser Auto). Die Aufkleber sind allerdings alle sehr klein, mittelgroße gab es nicht mehr, aus folgendem Grund, wie der junge Typ an der Kasse erklärte: Kurz vor V. war eine Oma da gewesen, die ihrer im Schullandheim weilenden Enkelin eine Überraschung machen wollte. Und zwar mit einer Bordüre aus Club-Aufklebern im Kinderzimmer. Aus diesem Grund kaufte sie alle, so klein sind Kinderzimmer heutzutage ja auch nicht.
Dazu passt sehr gut folgende Geschichte vom Stadion des FC Chelsea: Nachdem zu Saisonbeginn alle Dauerkarten verkauft waren, wunderten sich die Stadtionbesucher wochenlang, warum genau zwei Plätze leer blieben. Erst nach Weihnachten saßen zwei Jungs drauf. Sie hatten die Dauerkarten von der Oma zu Weihnachten bekommen.
Warum ich jetzt mit gefahren bin, weiß ich auch nicht, drei Tage vorher hatte ich schon keinen Bock mehr und tat es dann erst mal nur wegen des Schals. Mit dabei waren M. und P.
M., weil er eigentlich davon ausgegangen war, Gegner des FCN sei der KSC, aber es wurde dann doch Schalke. P. war halt so dabei, weil er Fußball mag, nehme ich an, und den Club, weil er wiederum V. mag.
Beide wurden von V. mit Club-Trikots ausstaffiert. Er hat jetzt genau drei.
Abgesehen vom Spiel: Es hat mir gefallen. Ich mag "Drei im Weckla", ich habe Marco Reinhardt von oben erkannt und mir überhaupt eingebildet, mehr vom Spiel verstanden zu haben als im Fernsehen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass Daniel Klever kein guter Torwart ist und ich kann bezeugen, dass Ivan Saenko mit dem Ball Sachen macht, die normale Beine nicht zustande bringen.
Ich habe es gesehen.
Leider auch die vier Gegentore. Es war ein sehr schlechtes Spiel und ich bin V. sehr dankbar, dass er nicht meine Anwesenheit dafür verantwortlich gemacht hat. Er hat noch mehr rumgeschrien als vorm Fernseher, was lustig war, weil es alle um uns herum auch gemacht haben. Bei den zwei Toren für die Nürnberger bin ich sogar aufgesprungen. Ein bisschen zeitverzögert, aber trotzdem ganz intuitiv.
In zwei Wochen werde ich noch mal dabei sein und M. auch, weil's dann wirklich gegen den KSC geht. Und weil ich mal ein volles Stadion sehen will. Waren nämlich nur 25.000 da, beim Ligapokal-Halbfinale.
Ich mag die "Drei im Weckla" auch. Ich mag die Einwegbecher im EasyCredit Stadion und das leckere Bier, das in ihnen transportiert wird. Ich mag, dass die Block-Karten-Abreiss-Damen beim Club mich für vertrauenswürdig halten. Ich mag die Reihe pensionierter Trainer in der Reihe hinter uns. Ich mag die niedlichen Anzeigetafeln, auf denen die Spieldauer angezeigt wird. Ich mach sogar die "Vogelgribbe". Und: Ja, ich mag den Club!
AntwortenLöschenAber trotzdem wird der KSC am Sonntag der ersten Auswärtssieg der Saison einfahren.
Deshalb mag ich auch Daniel Klever.