9.11.09

12. Spieltag. Mainz.

Heute ignorieren wir: Die Niederlage gegen Mainz. Insgesamt drei nicht gezählte, aber rechtmäßige Tore in den vergangenen Wochen. Die Aufregung um Philipp Lahm. 
T.s Aufforderung an V., sich endlich seiner Bestimmung in der Zweiten Mannschaft der SG Gabolshausen-Untereßfeld zu besinnen. Da arbeiten wir noch dran.

Stattdessen: Knallen wir uns vor die Glotze.

In unserer Montags-Lieblingssendung "Blickpunkt Sport" (im Bayerischen Fernsehen und hier) erzählte unser Lieblings-Torwart Raphael Schäfer gestern, wie gern er in Nürnberg lebt. Seine Frau findet's großartig, die beiden Töchter auch, Schäfer selbst, gebürtiger Niedersachse, erst recht - auch wenn's manchmal mit der Sprache hapert (aber wegen mir muss nicht jeder Niedersachse fließend Fränkisch sprechen). 

Und während Schäfer da so saß und trotz Relegationsplatz so viel Freude und Harmonie ausstrahlte, dass wir auch unweigerlich grinsen mussten - 

sagte V.: Wir könnten ja in Nürnberg wohnen.

Das ist sein größter Traum: Wir beide in Nürnberg, ich als Chefredakteurin einer wöchentlichen Fußballzeitung, V. selbst als Ballentwickler (sowas gibt's!) bei einem großen Sportartikelhersteller. Und: Dauerkartenbesitzer.

Ich (stelle mich blöd): Warum? Wir arbeiten doch in München. Wohnen wir auch logischerweise hier.

V. (verträumt): Schon. Aber wir könnten auch in Nürnberg wohnen.

Ich (will es einfach nicht kapieren): Aha.

V. (fast selig): Und eine Dauerkarte haben.

Ich (brauche keine Dauerkarte): So. Und dann?

V. (Augen nun geschlossen, die Dauerkarte innerlich beschwörend): Und dann einfach mal so ins Stadion trippeln.

Er hat wirklich "trippeln" gesagt, ich schwöre es.

11. Spieltag. Bremen.

Der 11. Spieltag war für mich ein fast fußballfreier Tag, zumindest bis zum Abend.
Keine Zeitung, kein Sportteil, keine Live-Übertragung im Stadion und vor allem - kein V.

Ab und zu braucht man ja ein bisschen Urlaub voneinander.

Das Fußball-Club-V-Defizit habe ich am Abend gleich wieder reingeholt. Und zum ersten Mal fremden Menschen vom Club, vom V. und von mir vorgelesen.

Sie haben sehr gelacht - darauf war V. ungefähr so stolz wie auf DFB-Pokalgewinn und Aufstieg zusammen, bemerkte aber, nicht ganz uneitel und ein bisschen Uli-Hoeness-haft, dass ihn das gar nicht wundere.

Bevor ihm das alles zu Kopf steigen konnte, trennte sich der Club von Werder Bremen mit einem Unentschieden, wie es nur die Nürnberger zustande bekommen: Ewig 2:0 führen und dann in allerletzter Sekunde noch den Ausgleich kriegen.

V. ist auf dem Boden der Tatsachen zurück.

25.10.09

9./10. Spieltag. Berlin. Hoffenheim.

Da die Zeit fürs Bloggen in letzter Zeit knapp bemessen war, die Spiele der vergangene beiden Spieltage in der Kurzzusammenfassung:

Es wurden insgesamt sechs Tore erzielt.

Drei gegen Berlin.
(Dazu A.: V., du bist ja heute so entspannt. Spielt der Club erst morgen?)

Drei gegen Nürnberg.

Vorläufiges Endergebnis: Tabellenplatz 17.

Momentane Stimmung: Gefasst.

V. hat außerdem seine Ankündigung wahr gemacht und hat an der Jahreshauptversammlung des 1. FC Nürnberg teilgenommen. Nicht ganz unwitziger Seitenaspekt des Ganzen: Wäre er nur einen Tag später Mitglied geworden, hätte er nicht hin gedurft. War das Hochzeitsdatum also richtig gewählt.

Ich glaube nicht, dass er extra nach Nürnberg fährt, bis er mich an jenem Dienstagabend um halb sechs anruft und nur sagt: "Ich steh hier neben Mintal!"

Es stellt sich heraus, dass Marek Mintal einige wenige Meter weiter weg mit anderen Spielern eine Sitzgruppe belagert. V. weigert sich strikt, hin zu gehen und nach einem Autogramm zu fragen. Echauffiert sich über einen Fan, der weniger Hemmungen hat und Mintal fragt, warum es in letzter Zeit nicht so läuft für den Club. Weigert sich außerdem, mit Michael Oenning einen Stehtisch zu teilen und nach einem Autogramm für mich zu fragen. Wär ich doch mitgefahren.

In den darauffolgenden Stunden ruft er mich weitere vier Mal an um zu sagen, dass
- Günther Koch einen Antrag gestellt hat ("Günther Koch!!!")
- Michael Oenning eine tolle Rede gehalten hat
- Ulrich Maly, der Nürnberger Bürgermeister, eine tolle Rede gehalten hat, und
- dass er jetzt nach Hause fährt, obwohl die Versammlung noch dauert.

Um eins war er dann wieder da. Ohne Autogramme. Das üben wir nächstes Jahr noch mal.

7.10.09

8. Spieltag. Leverkusen.

Manchmal ist das Leben gemein und hält nicht die richtige Reihenfolge ein. Bei V. war das am Wochenende so.

Die richtige Reihenfolge wäre gewesen:
Das Spiel Nürnberg-Leverkusen hören/sehen, sich grämen, ärgern, aufregen, eine Nacht drüber schlafen, sich noch mal grämen, ärgern, aufregen, dann aber 12 Stunden lang auf der Wiesn den Frust vergessen, am nächsten Tag den Kater aus- und den Frust verschlafen und gut is.

Leider war es aber so:
V. verbringt am Freitag 12 Stunden auf der Wiesn, ist am Samstag entsprechend indisponiert und bleibt bis Nachmittags im Bett/auf dem Sofa. Erwacht wie von Geisterhand geweckt kurz vor halb vier, rafft sich auf, schleppt sich zum Radio, da fällt schon das 1:0 für Leverkusen. Er isst ein Wurstbrot gegen die Übelkeit und die Kopfschmerzen, aber dann fallen noch drei Tore auf der falschen Seite, da wird ihm fast schon wieder schlecht. Dann grämt und ärgert er sich und regt sich auf, auch als ich am Sonntagabend zurückkomme, um ihn zu erlösen.

Nein, wirklich kein ideales Wochenende.

Dafür hat V. sein ideales Wiesn-Outfit gefunden, nämlich sein neues Club-Jäckchen, sozusagen fränkische Tracht. Damit muss er der Star gewesen sein, wildfremde Menschen hätten ihn mit "Wir sind der Club" begrüßt, manche ihn sogar umarmt. Und Drei im Weggla hat er auch gegessen.

Wenn das kein Trost ist.

30.9.09

Blattkritik: 11 Freundinnen

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft ist gerade wieder Europameister geworden, nächstes Jahr ist die Frauen-WM in Deutschland und hier ist zwar immer von Frauen und Fußball, aber nie von Frauen, die Fußball spielen, die Rede.

Drei Gründe, das zu ändern und ein vierter: Das von V. hoch verehrte, von mir abonnierte Fußball-Magazin 11 Freunde hat ein neues Spin-Off herausgebracht: 11 Freundinnen. Und das schau ich mir jetzt genauer an, während V. im Liverpool-Trikot auf dem Sofa liegt und Bayern-Juve guckt.

Wer sehen will, von was die Rede ist, klicke hier.

Das Titelbild:
Die Nationalspielerin Kim Kulig, blond, hübsch, cool angezogen, lehnt an einer grünen Wand und schaut selbstbewusst in die Kamera. Das ist nett. Nett ist nicht gut. "Anbiedernd", sagt V. (er hat vorher ungefähr drei Seiten der 11 Freundinnen gesehen, mehr nicht). Brav, finde ich. Und ein bisschen langweilig. Immerhin schaut Kim Kulig, die ich nicht kenne, ganz interessant aus, so dass ich wissen will, wer das ist. Aber die Zeile "Lieber Weltmeisterin als Millionen" macht mich jetzt auch nicht heiß auf das Interview mit ihr.
Fazit: Das "Vaterheft" (kann man das so sagen?) ist schon auf dem Titel lustiger, frecher, scheißt sich nix. Hier denke ich: Da hat man sich nicht getraut. Nicht, dass am Ende einer sagt, die machen sich über die Frauen lustig. Obwohl man mit Kim Kulig sicherlich hätte rumkaspern können. Aber da sind die 11 Freunde wohl Gentlemen.

Seite 3:
Hier setzt sich die schöne Kreideschrift vom Titelbild fort, aber leserlicher. Schön. Das Zitat war wohl ein Muss, so nach dem Motto: "Das ist das gültige Vorurteil, das bürsten wir jetzt mal gegen den Strich" - soll ja auch so sein. Aber wenn 11 Freundinnen künftig vier Mal im Jahr erscheint, will ich nicht immer zum Einstieg ein frauenfeindliches Zitat. Echt nicht.

Inhalt:
"Coole Werbung", sagt V. und meint Nadine Angerer auf der gegenüberliegenden Seite. Wenn wir schon mal dabei sind: Coole Werbung für Sportklamotten mit Frauen ist für mich nicht, Frauen einfach in Männerposen hinzustellen. Die Torfrau vorne dran, der Rest der Mannschaft schaut grimmig. Wo ist da der Unterschied zu den Jungs?

Aber weiter im Thema. "Ein eigenständiges Magazin für einen eigenständigen Sport", soll das neue Heft sein. Wunderbar. Seh ich auch so. Die Einstellung ist die richtige, aber das hatte ich nicht anders erwartet. Kurzer Blick ins Impressum: Neben zwei Männern schreiben vier Frauen, Bild Redaktion, Art Direction: weiblich. So soll das sein.

Rubrik "Laufsteg":
Kopfballduell während der Frauen-EM, ein Klassiker-Foto, aber behäbig getextet: "Auch Kerstin Garefrekes gibt die interessierte Beobachterin." Klingt nach Sonntagnachmittag in der Kreisklasse.

Rubrik "kleinklein":
Na, geht doch: Die Spielerinnen des schwedischen Clubs Kristianstad DFF ziehen sich aus, Alien III und Marta wurden bei der Geburt getrennt. Der von den 11 Freunden gewohnte Esprit blitzt schon durch.
Manchmal hätte ich mir aber ein bisschen mehr Info, mehr Recherche gewünscht:
Ein Kleintext kritisiert die FIFA für einen prüden Ratgeber zu Menstruation,Verhütung und Schwangerschaft. Sicherlich zu Recht. Aber was soll ich mit dem Satz "Und wieso empfiehlt der Weltverband uneingeschränkt die Pille, ein Medikament, bei dem Spätfolgen nicht ausgeschlossen werden können?" Ich glaube, bei so gut wie keinem Medikament können Spätfolgen ausgeschlossen werden. So gut wie jedes Medikament hat Nebenwirkungen, so auch die Pille - die etwa 75 Prozent der verhütenden Frauen nehmen. Man wird kaum einen Gynäkologen finden, der die Pille verdammt. Stattdessen wird er aufzählen, wie gut sie bei Regelbeschwerden oder Endometriose hilft, und das sie Eierstockkrebs verhindern kann. Den zitierten Satz finde ich oberflächlich - betroffene Männer und Frauen wird er irritieren. Die werden wissen wollen, was das für Spätfolgen sein sollen.
Ob ein dem Spielplan angepasster Zyklus, so heißt es weiter im Text, Langzeitschäden für den Körper zur Folge habe, wisse die FIFA auch nicht. Gemeint sind damit wahrscheinlich sogenannte Langzyklen, bei denen man nur alle drei Monate eine Pillenpause macht, nicht alle vier Wochen. Hätte man der geneigten Leserin auch mal erklären können, anstatt sich darüber zu echauffieren, was die FIFA alles nicht weiß. Ob Langzyklen auf Dauer schädlich sind, wissen nämlich auch Gynäkologen nicht. Sie vermuten: nein. Und empfehlen den Langzyklus meist auch uneingeschränkt.

Noch eine Meldung: Ein niederländischer Klub spielt in Röcken mit Radlerhosen drunter und kriegt deswegen Stress mit dem Verband, weil Röcke verboten sind. Habe ich verstanden. Nur - warum wollten die denn überhaupt in Röcken spielen? Stell ich mir unbequem und unpraktisch vor! Auch wenn das süß aussieht. Aber wir sind doch nicht beim Feldhockey!

Interview Kim Kulig:
Bild: Och Mensch. Wir sind doch nicht bei "Emotion" oder "Für Sie". Wenn ich da so so sehe, wie Kim Kulig da auf ihrer Rattanliege liegt, die grauen Steinplatten, das Terrassengeländer... Nee, das macht eigentlich keine Lust auf den Text. Aber gut. Manchmal hat man ja auch nicht viel Zeit mit der Protagonistin, der eigentlich ausgesuchte Ort zum Fotografieren ist scheiße, das Wetter auch. Ich verzeih das mal.
Text: Solide. War nett, Frau Kulig kennenzulernen. Ziemlich langer Fragenkatalog, kurze Antworten. Inhaltlich gibt das Interview nicht so viel her, aber eine 19-Jährige hat wahrscheinlich auch noch nicht so viel zu erzählen. Aber auf Platitüden-Fragen ("Gibt es Dinge, auf die Sie im Leben verzichten müssen?") gibt's auch Platitüden-Antworten ("Ich habe weniger Freizeit als andere in meinem Alter...").

Rubrik "Gute Partie":
Wie Deutschland zum ersten Mal Europameisterin wurde, Torfrau Marion Isbert erzählt. Schön.

Reportage "Frauen des FC Bayern":
Frauen? Fußball? München? Der Text muss von Kathrin Steinbichler sein. Ist er auch. Ist gut so. Beobachtet gut, schreibt toll darüber, wie sich die FC Bayern Frauen über die Jahre Anerkennung im Verein erkämpfen. Und Gerd Müller bringt sogar Kuchen vorbei. Der Text zeigt aber auch, wie es aussieht bei den Frauen: Vom Verein gibt's Lob und Schulterklopfen, aber spielen sollen sie bitte draußen in Aschheim, weit weg von den Männern. Dass sich das langsam ändert, zeigen wohl auch Beispiele wie Hoffenheim, worüber 11 Freundinnen hoffentlich berichten wird.

Rubrik "Mannschaftsbild":
Klasse, alle Erwartungen erfüllt. Das Layout steht quer, als ob's ein Poster zum An-die-Wand-hängen wär, vom Foto schauen ernst 13 schwarze Frauen über 60, die in Südafrika Fußball spielen. Über die hätte ich gerne mehr erfahren.

Reportage "US-Liga":
Das wusste ich nicht - in den USA gab es acht Jahre lang keine Profiliga für die Frauen. Dabei hatte ich gerade dort die Heimat des Frauenfußball verortet. Spielen da nicht alle Mädchen in der Schule Fußball? Kommt da nicht auch der Begriff "soccer mum" her? Der Artikel hat mich schlau gemacht, das mag ich. Aber ob ich als deutsche Spielerin da rüber wollte, wenn die wohl eh bald wieder pleite machen? Ich weiß nicht.

Rubrik "Gleichberechtigung":
Männer im Frauenfußball. Dickes Lob.

Rubrik "Es war einmal":
Schwarz-weiß Fotos von früher. Geht immer. Soll fast immer. Hier auf jeden Fall.

Rausschmeißer:
Bei den Jungs drüben gibt es Günter Hetzer, vorher mal Rolf Töpper, Wien. Sowas ist schwer zu überbieten. Aber man hätte es ja mal versuchen können. Stattdessen gibt's "Kaffeeklatsch mit Hannelore", ein Interview mit dem einzigen weiblichen Präsidiums-Mitglied des DFB, Hannelore Ratzeburg. Das ist sehr sachlich: Die Vereine müssen besser trainieren, im Stadion muss man auch einen Kaffee trinken können, Play-Offs sind keine Alternative zum zerrissenen Ligabetrieb, "weil es die normale Serie sportlich entwerten würde". Das klingt schon sehr nach Präsidium, fast schon präsidial! Da hätte man gleich mit Horst "FußballFußballFußball" Köhler sprechen können. Also hinten raus bin ich enttäuscht, da säuft das Heft ein bisschen ab. Kaffeeklatsch mit Hannelore? Och nee, dann lieber auf einen Trollinger mit Günter Hetzer.

Fazit:
Gutes Heft, aber da geht noch mehr. Ich bin gespannt auf die zweite Ausgabe in gut drei Monaten. Nur einen Einwand habe ich: Wer soll das lesen? Genauer: Wer ist die Zielgruppe? 11 Freundinnen liegt der 11 Freunde bei, hat aber auch eine kleine Auflage am Kiosk.
Wer liest die Beilage? Der normale 11-Freunde-Abonnent? Der wird so schnell nicht mit Frauenfußball warm werden, der wird weiter sagen, "Da geht's zu wenig zur Sache, die foulen ja nicht mal". Von der Meinung wird er nach der ersten Ausgabe nicht abrücken. Dafür war das Heft zu brav, da ging's kaum zur Sache und getreten wurde schon mal gar nicht.
Vielleicht soll's ja seine Freundin lesen? Als Beilage vielleicht - aber würde sie sich das Heft auch am Kiosk holen? Wohl eher nicht.

Es braucht einen langen Atem, so ein Heft zu etablieren. Da geht's um den Klassenerhalt. Ich hoffe, das klappt.

29.9.09

7. Spieltag. Bochum.

Er wäre ein guter Fußballmanager, sagte V. heute morgen. Nein - sogar ein außerordentlich guter!

Ich kann nicht ganz folgen, die Zeitung verwirrt mich, das Panorama klebt hinten am Sportteil, wer macht denn sowas! Dieses Zusammengeschustere ist höchst problematisch, denn normalerweise liest V. den Sportteil und ich das Panorama, was schlecht geht, wenn beide plötzlich eine Einheit bilden. 

Starre ich also muffelig in meinen Ingwertee. V. doziert weiter über seine Qualitäten als Manager. Wie kommt er eigentlich darauf? Hat doch noch nie irgendwas gemanagt! Sieht man von so Sachen wie Auto kaufen und verstopfte Abflüsse reparieren ab.

Schlaftrunken reichen sich ein paar Synapsen in meinem Hirn die Hände. Stimmt, da war ja was. V. hat am Abend zuvor den Manager des 1. FC Nürnberg, Martin Bader, bei Blickpunkt Sport gesehen. Herr Bader war sehr ernst, dem Anlass angemessen. Der Club hat gegen Bochum verloren und steht auf einem Relegationsplatz. Früher hieß das auch Abstiegsplatz, aber dann hat man die Relegation wieder eingeführt.

Herr Bader musste sich, so sah es V., vom Moderator unverschämte Fragen gefallen lassen. Zum Beispiel, ob der Verein ein Problem damit hat, dass der Trainer drei Mal in Folge verliert, aber noch Zeit findet, beim Bezahlfernsehen zu kommentieren. Kann man gerne fragen, fand ich. Sollte man auch. Für V. kam das einer Majestätsbeleidigung gleich! Dass der Herr Bader darauf noch so ruhig und freundlich antworten könne!

Ja, das sind die kleinen, nicht unwichtigen Feinheiten des Journalistenberufs, die will er manchmal nicht sehen. Und die sind ihm auch nicht bewusst, wenn er sich wünscht, seine Frau möge zur Sportreporterin umschulen.

Das alles geht mir noch mal durch den Kopf, während ich den Ingwertee beobachte. Zwei weitere Synapsen fallen sich jubelnd um den Hals. Du! Hier! Auch schon wach!

Warum er denn ein so guter Manager wäre, frage ich V.

Na, weil er sich diese unverschämten Fragen nicht gefallen lassen würde, sei doch klar.

Dann wärst du ja wie Uli Hoeness, sage ich.

Da ist er beleidigt.

24.9.09

Pokal? Welcher Pokal?

Ich hatte fest vor, unter dem Label "DFB-Pokal 2009/2010" mehr als einen Eintrag zu veröffentlichen. Nun, die Chance habe ich insofern verpasst, dass

a) ich zu verpeilt war, etwas zur ersten Runde zu posten und
b) der Club gestern sowieso ausgeschieden ist, gegen Hoffenheim. Da hätten wir gleich nochmal gegen Bayern spielen können. Immer feste druff.

Das mag nun ungerecht sein, hat V. aber im Großen und Ganzen doch nicht tangiert.

Weil der VfB Wolfsburg, Hertha BSC Berlin und der HSV auch ausgeschieden sind.

"Da ist man doch als Pokalausscheider in bester Gesellschaft", findet V.

6. Spieltag. München.

Es gibt Ereignisse im Leben, die sollte man nicht alleine durchstehen. Man sollte sich stattdessen gute Freunde an seine Seite holen, solche, die einem unterstützend auf die Schulter klopfen, solche, die, die Niederlage vor Augen, einfach noch ein Helles bestellen. Wenn möglich, sollten auch noch ein, zwei Engländer dabei sein, die enthusiastisch, in einer Kneipe voller Bayern-Fans, "Go Nuremberg!" rufen, aber das ist dann eher die Deluxe-Edition.

Wir haben also die Niederlage der Nürnberger gegen die Bayern am vergangenen Samstag zusammen mit guten Freunden und zwei Engländern, aber umringt von Bayern-Fans in einer Bayern-Kneipe erlebt.

Es war gar nicht so schlimm. Die Bayern-Fans bedachten uns eher mit mitleidig-gerührten Blicken als mit der Aggressivität des Gegners. Wenn sie bei den beiden Bayern-Toren jubelnd die Arme nach oben rissen, rutschten wir noch etwas tiefer in unseren Stühlen nach unten und bildeten ein kleines Loch im Jubel-Teppich. Im Gegenzug sprangen beim Nürnberg-Tor auch nur wir von den Sitzen.

Gegen Ende des Spiels versuchten P. und ich noch, der bevorstehenden Niederlage Positives abzugewinnen. Wir hatten beide 3:1 für Bayern getippt und ich war überzeugt, am Montag wenigstens ein bisschen Geld einzustreichen, sozusagen als Entschädigung. Hat auch nicht geklappt.

V. war tapfer. Ärgerte sich natürlich wieder mit ungefähr zwei Stunden Verzögerung. Verpasste mir und P. einen Anschiss für unseren Tipp. Macht man nicht. V. hat natürlich Unentschieden getippt. Ein echter Fan rechnet nie mit einer Niederlage seines Clubs. Zumindest nicht V.

Lieber bestellt er noch ein Helles.

18.9.09

Kleines Glück.

Zur Verbesserung meines Autoschlafs haben wir ein neues Auto gekauft. Heute morgen war V. bei der Zulassungsstelle, um es anzumelden und das Nummernschild abzuholen.

Danach ruft er mich sofort an.

V: Ich muss dir sofort das Kennzeichen sagen! Das glaubst du nicht! M-FV!!! Wahnsinn!

Ich: Das ist großartig!

V: FV! Fußballverein!

Ich: Hab ich kapiert, ich bin ja nicht blöd.

V: Ist das nicht klasse? Nicht, dass du denkst, ich hätt dazu was beigetragen! Das war kein Wunschkennzeichen. Das haben die mir einfach so gegeben! FV!


Nie hatte je ein Volvo ein schöneres Kennzeichen. Einfach so.

15.9.09

5. Spieltag. Mönchengladbach.

Auf Autofahrten schlafe ich meistens sofort ein. Das liegt in der Familie. Auch meine Mutter, mein Bruder, mein Onkel und mein Großonkel werden vom Brummen des Motors dermaßen eingelullt, dass ihnen innerhalb weniger Minuten die Augen zufallen. Beim Opa, der nicht mehr lebt, war das ebenfalls so. Überhaupt können die Mitglieder meiner Familie mütterlicherseits, immer und überall sofort und gut schlafen - es sei denn, wir fahren selbst, versteht sich - was vor allem meinen Vater wurmt.

Der Autoschlaf ist, wie ich finde, ein sehr erholsamer, außerdem verkürzt er lange Fahrten und verhindert Langeweile. Und da mir beim Lesen im Auto gleich schlecht wird, bleibt mir ja nichts anderes übrig. Jetzt kommen bestimmt gleich wieder die Romantiker und schimpfen, ich könnte, sollte, müsste mich ja mit dem V. unterhalten, der ja schließlich fährt, aber das will der ja auch nicht immer. Außerdem hat er sich daran gewöhnt, dass ich kurz hinter Neufahrn in die Schlafposition rutsche.

An diesem Samstag schlafe ich aber nicht, erst ergibt es sich irgendwie nicht, und dann fängt "Heute im Stadion" an. Ich bin ja sozusagen noch Ersthörer, jedenfalls habe ich noch nie so richtig ein ganzes Spiel mit angehört. Heute reicht es immerhin für eine ganze Halbzeit und so schnell wie ich sonst einschlafe, erliege ich diesmal dem Charme der Bundesliga-Konferenz, besonders der speziellen Artikulation von Karl-Heinz Kars. Als er ein Tor für Dortmund meldet, klatsche ich vor Begeisterung in die Hände, und dann führen auch noch die Nürnberger!

1:0 in der ersten Halbzeit! Da zeichnet sich doch ein Heimsieg ab! Obwohl, gibt unser Reporter den Skeptiker, jetzt müsste das "psychologisch wichtige zweite Tor vor der Halbzeitpause" fallen. Dann könne nichts mehr passieren, das wäre erwiesen, statistisch und so, dann wäre der Sack zu gemacht, die Sache geritzt, der Drops gelutscht und so weiter.

V. verdreht die Augen. "So ein Quatsch", setzt er an. "Das stimmt alles gar nicht. Ein zweites Tor vor der Halbzeit oder nicht, DAS ist erwiesen, hat überhaupt keinen Einfluss darauf, ob das Spiel gewonnen wird oder nicht, da gibt es Statistiken und und und."

Ich: "Wo hast du das jetzt wieder her? Das erfindest du doch gerade!"

V.: "Nein, das hab ich aus dem Buch!" V. liest gerade das wichtigste Buch aller Zeiten, "Die Fußball-Matrix" von Christoph Biermann.

Ich: "Aha. Wieso liest du mir aus dem Buch eigentlich nie vor? Das wäre doch prädestiniert dafür!"

V. (zögerlich): "Ja, schon. Aber ich glaube, das ist zu hoch für dich."

Ach so. Kann schon sein. Mathe war ja nie so meine Stärke. Aber in Statistik war ich gar nicht so schlecht. Glaube ich jedenfalls.

25.8.09

3. Spieltag. Hannover.

Samstagmorgen. Leseritual. Schweigen.

Plötzlich fragt V.: Was heißt denn neolithisch?

Ich: Keine Ahnung, schau halt im Duden nach. Was hat das Wort eigentlich im Sportteil verloren?

V.: Nix. Ich hab heute mal mit dem Feuilleton angefangen. Ist übrigens total interessant. Diese Ausstellung in London, da sollten wir mal hingehen. 

Ich: Eigentlich keine schlechte Idee, das Pfund steht ja gerade auch so gut.

Dann wieder: Schweigen. Leseritual.

Und als ich mich in diese sehr lange Reportage über den Mann mit den vielen Schlangen vertiefe, blitzt irgendwo in meinem Hirn, wahrscheinlich in der Fußballecke, kurz, aber nur ganz kurz, der Gedanke auf, ob das nicht ein schlechtes Omen ist, vor dem Spiel gegen Hannover einfach mal so mit dem Feuilleton anzufangen. 

Und wie sich einige Stunden später zeigt: Es war vielleicht kein Omen, aber es war schlecht. Er wird das nicht wieder tun.

Küren wir, trotz allem, den

Spieler des Tages: Raphael Schäfer

Was ich über ihn weiß: Nürnbergs Jahrhundert-Torwart, unverzichtbar im Pokalsieger-Jahr, danach nach Stuttgart verkauft, dann reumütige, freiwillige Rückkehr in die zweite Liga. 

Wie V. ihn findet: V. hat selten viel für "Torwächter" (Zitat Günter Netzer) übrig und ist, wenn, dann Fan von Andreas Köpke. Aber auf den Schäfer lässt er nix kommen.

Warum Spieler des Tages: Er hat einen Elfmeter gehalten und den Club so vor einer noch größeren Schmach bewahrt.

Weitere Fakten: Raphael Schäfer ist in Oberschlesien geboren und lebt seit seinem siebten Lebensjahr in Deutschland. Und beim Club ist er seit 2001 – die wenig erfolgreiche Unterbrechung in Stuttgart mal nicht eingerechnet.

18.8.09

2. Spieltag. Frankfurt.

Fast noch schlimmer als ein Fußballspiel mit V. live zu sehen oder zu hören, ist, mit ihm die Wiederholung zu schauen. Je länger das Spiel zurückliegt, desto schlimmer.

Zum Vergleich:
Das Spiel am Samstagnachmittag im Radio hören und dann ab 18 Uhr in der Sportschau sehen, ist in Ordnung, das noch vorhandene Haupthaar wird nur sporadisch gerauft.

Aber:
Das Spiel am Samstagnachmittag weder hören noch sehen, und dann erst am Montag bei Blickpunkt Sport die Zusammenfassung serviert bekommen, ist schlimm. Da wird jedes einzelne Haar gerauft, die Hände schlägt man sich verzweifelt vors Gesicht, ein Aufschrei geht durchs Wohnzimmer - vor allem angesichts der verpassten Chancen von Eigler und Mintal. Wir sehen wie sich Oenning ärgert und V. leidet mit ihm, wenn auch zwei Tage verspätet.

Trotzdem:
Das Wochenende war für V. ein voller Erfolg, der Mittelfuß hat keine Mätzchen mehr gemacht und stand am Samstag im Finale eines nicht ganz so wichtigen Beachvolleyball-Turniers. Am Ende war's der zweite Platz und V. ein Held.

Außerdem:
Wurde am Samstag erstmals ein Lied auf mich gedichtet mit der schönen Zeile "Sie findet den Oenning schön, darf aber nicht zu ihm ins Stadion gehen" - auf die Melodie von Abbas "Dancing Queen". Ich bin immer noch gerührt und danke P., N., K. und F. für die schöne Darbietung.

Unser Spieler des Tages: Albert Bunjaku

Was ich über ihn weiß: Erschreckend - fast nichts. Schweizer. Torschütze gegen Frankfurt. Hat uns noch mal gerettet.

Wie V. ihn findet: Ach ja, das hatte ich ihn noch fragen wollen.

Warum Spieler des Tages: Wie gesagt, hat uns (!) noch mal gerettet und der Club konnte einen Punkt mit nach Hause nehmen.

Weitere Fakten: Beim Club seit Februar 2009, also gar kein Neuzugang, wie ich anfangs dachte. Stammt aus dem Kosovo. Hatte noch nicht so viele Einsätze, weil Dario Vidosic immer vorgezogen wurde. 

14.8.09

3 Jahre Club, ich und V.

Heute vor drei Jahren hat dieses Blog pünktlich zur Saison 2006/2007 begonnen. Damals hätte ich nicht geglaubt, dass es nach drei Jahren noch immer etwas über den Club, mich und V. zu erzählen gibt. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass der Club Pokalsieger wird. Oder gleich wieder absteigt. Obwohl - das wahrscheinlich schon.

Vor drei Jahren hat mich V.s Leidenschaft für den Club halb amüsiert, halb genervt. Ersteres überwog aber, deshalb habe ich begonnen, darüber zu schreiben. Um damit wiederum letzteres zu kompensieren. Welche Entwicklung das alles in Gang setzte, konnte ich wirklich nicht ahnen. Hätte mir im Sommer 2006 jemand erzählt, dass ich mal "Die Legende lebt"  unfallfrei und mit echtem Pathos mitsingen würde, ich wäre wohl handgreiflich geworden.

Heute kann ich nur sagen: Das hat dieses Blog aus mir gemacht. Eine Frau, die mit Club-Schal im Stadion steht, über die Aufstellung des aktuellen Spieltages diskutieren kann, die mit Interesse die Sportschau verfolgt, die 20 Euro beim Fußballtipp gewinnt. Und ohne dass ich es bewusst wahrgenommen habe, hat sich eine kleine sprachliche Eigenheit in mein Hirn geschlichen, die vor drei Jahren sicher noch nicht da war und mit der im August 2006 dieses Blog begann. 
Ich stelle mit Erschrecken fest: Ich sage "wir" und meine den Club. Habe ich mich vor drei Jahren noch ironisch-distanziert darüber amüsiert, dass "wir" eingekauft, gestritten, aber auch drei-null gegen Stuttgart gewonnen haben, sage ich heute ganz selbstverständlich Sätze wie "Haben wir den Charisteas wieder aus Leverkusen geholt?" oder "Meinst du, wir gewinnen morgen gegen Frankfurt?"
Wohin diese Entwicklung noch führen wird, mag ich mir nicht ausmalen. Sie wird an einem eigenen Trikot nicht vorbei kommen, hoffentlich aber an der Easy-Credit-Fanbank.

Zur Feier des Tages: Was Ihr schon immer über dieses Blog wissen wolltet


Seit wann seid Ihr zusammen?
Seit der 1. FC Nürnberg 1:0 gegen die Stuttgarter Kickers gewann, in der Saison 1997/98. Es war ein Montagsspiel in der zweiten Liga.

Verliert der Club wirklich immer, wenn du im Stadion bist?
Nein, einmal hat es für ein Unentschieden gereicht, gegen Sechzig, im Dezember 2008. Abgesehen davon bin ich kein Glücksbringer, schon bei meinem ersten Stadionbesuch 1991 verlor der Club gegen Bayern. V. sagt aber, ich muss einfach öfter mit, um den Fluch zu brechen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Druck aushalten kann.

Warum ist V. Club-Fan?
Keine Ahnung. Oder um es mit Nick Hornby zu sagen: Den Verein sucht man sich ja nicht aus, der wird einem gegeben. Ich möchte dem hinzufügen: Als Freundin/Frau eines Fans wird es dir stattdessen zugewiesen. Ich stelle mir das so vor: Erst überreichte der Fußballgott feierlich V. den 1. FC Nürnberg. Dann drehte er sich um, winkte mich heran, deutete auf V. und sagte: Du da, du gehst zu dem.

Hat V. eigentlich selber mal gespielt?
Ja. Für sehr, sehr kurze Zeit. Hätten ihn nicht widrige Umstände gehindert, wäre er jetzt ein Ausnahme-Spieler und ich eine Ausnahme-Spielerfrau. Er versucht, freizeitmäßig zu kicken, leider mit mäßigem Erfolg.

Habt Ihr immer noch das gerahmte Hans-Meyer-Autogramm auf dem DVD-Player stehen?
Nein, das hab ich weggeräumt. Aber falls mir jemand ein Oenning-Autogramm besorgen kann, hol ich den Rahmen vielleicht wieder raus.

Ist V. auch schon immer Liverpool-Fan?
Mhm. Nein.

Warum ist er denn Liverpool-Fan?
Nun ja, wenn der eigene Verein kaum Möglichkeiten hat international zu spielen, muss man sich Alternativen suchen. Die findet man dann im Ausland, denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Club mal gegen Liverpool spielen muss, ist ziemlich gering. Außerdem findet V. alles Englische cool, war vom Champions-League-Finale in Istanbul 2005 begeistert - nun ja, dann kam eins zum anderen.

Schlaft Ihr in FCN-Bettwäsche?
Nein.Es gibt Grenzen.

9.8.09

1. Spieltag.Schalke.

Sonntag. Nachmittag. Schwül.

V: Du warst gestern sehr tapfer.

Ich: Ach ja?

V: Na, du hast den halben Tag mit mir Fußball geguckt. Sportschau, Aktuelles Sportstudio... Ich glaube, es hat dich fast interessiert!

Ich: Ach ja?

V: Es HAT dich interessiert!

Ich: Ich muss ja auch wissen, ob ich richtig getippt habe. Da steht Geld auf dem Spiel. Immerhin war mein Nürnberg-Schalke-Tipp richtig und Bayern gegen Hoffenheim hatte ich fast!

V: Oh Gott, es hat dich interessiert! Es hat dich nicht gelangweilt! Das ist nicht gut. Ich seh uns schon in 20 Jahren mit unserem Sky-Abo, jeden Samstagnachmittag... Oh Gott, das ist gruselig!

Ich: Ach, jetzt hättest du dein Hobby gerne wieder für dich allein, oder wie?

V: Irgendwie schon.


Und wir küren wieder den

Spieler des Tages: Angelos Charisteas.

Was ich über ihn weiß: Mehr als über jeden anderen Spieler. Grieche. EM-Torschütze, EM-Gewinner, Ex-Bremer, Spitzname "Harry", vergangene Saison nach Leverkusen ausgeliehen, gilt als überschätzt, wird in Nürnberg ausgepfiffen, hat aber auch Unterstützer im Netz.

Wie V. ihn findet: Freundet sich langsam mit ihm an, ist aber weit davon, ein Harry-Fan zu werden. Ist aber gerührt, wenn Menschen stundenlang durch Athen irren, nur um sich ein Charisteas-Nationaltrikot kaufen zu können, mit dem sie V. dann beeindrucken wollen.

Warum Spieler des Tages: V. wollte heute keinen Spieler des Tages küren. Ich schon. Und Charisteas hat immerhin das Nürnberg-Tor vorbereitet.

Weitere Fakten: Ich denke, nicht nur für mich hat Charisteas fast unheimliche Ähnlichkeit mit einer Spitzmaus.

31.7.09

Der Mittelfuß

Gestern abend hüpfte ein schmerzverzerrter Steven Gerrad vor mir auf einem Bein durch die Wohnung. Es war natürlich nicht Steven Gerrad, sondern V., im Liverpool-Trikot mit Nummer. Aber das tut hier nichts zur Sache. Viel wichtiger ist: V. hüpfte, denn er war verletzt. Ist es immer noch. Hat die Bänder/Sehnen am linken Mittelfuß überdehnt, beim Volleyball. Ganz typisch, sagte die Ärztin, und verpasste V. einen hübschen Tape-Verband:

V. leidet. Er kann nicht auftreten. Ihm war den ganzen Tag langweilig. Der Fuß tut weh. Aber, und so kenne ich ihn, er schöpft auch Kraft aus dieser Verletzung.
Er sagt: "Eigentlich cool. Erst ein Muskelfaserriss, wie der Vittek (mehr hier), jetzt der Mittelfuß, wie Mintal. Lass ich mir also doch 'Mintal' aufs neue Trikot drucken."
Wobei sich Marek Mintal ja den Mittelfuß gebrochen hat, sogar zweimal, was wir jetzt mal keinem wünschen wollen. Aber ich bin froh, dass das die Sache mit dem Trikot, der Nummer und dem Namen nun auch geklärt ist.

Saisoneröffnung

Was soll ich sagen - ich war dabei, sie haben verloren. 0:2 gegen die Glasgow Rangers.

Nein, ich fühle mich nicht schuldig. Erst nächste Woche gilt's und da weiß ich schon, wo mein Platz ist. Obwohl ich den im Stadion, Block 41, Reihe 6, Platz 2 mit Blick auf den schönsten Trainer der Bundesliga wirklich gut fand:




In Verbindung mit einem kleinen Snack ein gelungener Nachmittag! Und jetzt auf in die erste Bundesliga!!!


Urlaubs-Impressionen

Ein gelungener Urlaub für V. ist ein Urlaub mit Stadion-Besuch. Siehe unsere Reise nach Liverpool (mehr hier) vor zwei Jahren. Kurze Abstecher im Club-Trikot zählen übrigens auch. Diesmal sind uns drei gelungen:



FC Carl-Zeiss Jena, Ernst-Abbe-Sportfeld:










Hamburger Sportverein - HSV, inklusive Besuch des HSV-Museums und des Trainings mit Bruno Labbadia:









FC St. Pauli, Millerntor, Hamburg


Ich geniere mich zwar immer noch ein bisschen, wenn er das Club-Trikot aus dem Rucksack holt und überzieht, ich bin immer ein bisschen beunruhigt und glaube, militante Fans beschimpfen uns gleich, und mir ist es auch ein bisschen peinlich, vor allem, wenn V. sich am Millerntor über Pauli aufregen muss - aber ich werde es schon noch lernen, da bin ich ganz sicher.

3.6.09

Anmelden.

Gestern hat sich V. endlich um seine Aufnahme in den 1. Fußball-Club Nürnberg (1. FCN) bemüht. Als ich nach Hause komme, hält er mir den ausgefüllte Aufnahmeantrag vors Gesicht. Seit dem Pokalsieg vor zwei Jahren liebäugelt er mit diesem Antrag, kündigte ihn immer wieder an, hatte ihn sogar schon einmal ausgefüllt, und dann doch wieder einen Rückzieher gemacht.

"Fällt dir was auf?", will V. wissen.

Nö.

"Schau mal auf 'Gewünschtes Eintrittsdatum'."

Ah, unser erster Hochzeitstag. Schön. 

Ich bin sehr gerührt und sehe das "Gewünschte Eintrittsdatum" auch als Zeichen der Wiedergutmachung dafür, dass V. beim letzten Hobby-Fußballspiel seinen Ehering verloren hatte. Glück für V. - ein Mitspieler hat ihn gleich wieder gefunden. 

V. ist trotzdem traumatisiert, hat aber mittlerweile davon gehört, dass man auch einen Ehering beim Sport ablegen darf. Ich nehme an, dass die Profis das so machen. Man stelle sich vor, Michael Ballack riefe während eines Länderspiels plötzlich "Stoooop! Keiner bewegt sich! Mein Ehering!" - und dann robben alle auf den Knien über den Platz und tasten den Rasen nach Ballacks Schmuck ab. 

Man kann den Ring aber auch abkleben, sagt T.

1.6.09

Aufsteigen.

Am Morgen danach will sich V. ein Michael-Oenning-Bärtchen rasieren, dem Aufstiegs-Trainer zu Ehren. Hat er dann aber doch nicht gemacht.

Stattdessen sind wir nach dem Spiel durch das fränkische Dorf E. gelaufen, wo es, wenn ich richtig gezählt habe, acht Trampolins gibt, mindestens 20 Franken-Fahnen (inkl. Fahnenmast) und geschätzte 50 Club-Fahnen -letztere wurden minütlich mehr, weil ein Club-Fan gerade vom Spiel zurück gekommen war und neue Club-Fahnen verteilte.

Wir trafen ihn, als er damit gerade eine Familie beglückte, die vor ihrem Neubau grillte und dabei "Die Legende lebt" hörte. Es war großartig.

Wir schauen also beglückt in die Zukunft und in die erste Liga, wir stellen fest, dass das Kind von Club-Fan K. und seiner Frau A. von Geburt an erstklassig sein wird (Termin ist Anfang August), und dass für die Begegnung FC Bayern - FCN schon erste Anfragen bei uns eingetroffen sind. Natürlich werden wir so schnell wie möglich versuchen, Karten zu bekommen.

Und ja, ich werde dabei sein. Jetzt, wo der junge B., Bayern-Fan aus O., noch immer traumatisiert von unserem gemeinsamen Besuch eines völlig unbedeutenden Länderspiels vor zwei Jahren, mich davon abhalten wollte, erst recht.

28.5.09

Relegation (2)

Schneeeell", ruft V. "Fotoapparat her! Du musst den Videotext fotografieren!!!" Klar, wird gemacht.
















Dann muss V. Glückwunsch-Telefonate entgegen nehmen.


Relegations-Rausch. 3:0 in Cottbus, Aufstieg so gut wie sicher ("ohohoh, jetzt steht's im Blog", oraktelt V.), V. total aufgedreht.

Mehr gibt es nicht zu sagen.

Relegation (1)

Aus gegebenem Anlass: Bitte Daumen drücken, in 45 Minuten wird angepfiffen.

Aber vorher noch die Ergebnisse der Clubundich-Umfrage:

"Ja, der Club steigt auf", sagten 45 Prozent.

"Das geht in die Relegation", prophezeiten ebenfalls 45 Prozent.

"Nein, die verbocken das", erdreisteten sich neun Prozent zu behaupten, was bei 11 Teilnehmern genau eine Person war, die jetzt froh sein kann, dass es eine anonyme Abstimmung war. Denn natürlich hat V. gefragt, ob man nicht doch herausfinden könnte, wer und wie und na ja... 

Wer Recht behält, erfahren wir am Sonntag. Bis dahin bitte Daumen drücken!!!

15.5.09

Alles abstimmen!

Lieber Club-Fan,

es wird interaktiv: Bitte nimm an der Umfrage rechts teil. Steigt der Club wieder auf? Oder schrammt er haarscharf vorbei an der ersten Liga?

Keine Angst - die Umfrage ist anonym. V. wird und kann nie erfahren, wie wer abgestimmt hat. Falls also jemand nicht an den sicheren Aufstieg glaubt, kann er das hier kundtun, ohne befürchten zu müssen, von V. mit beleidigter Nichtachtung gestraft zu werden.

Also los!

14.5.09

V. über... Musik

U. möchte auch mal im Blog vorkommen, und ich werde hier eine Ausnahme machen und ihm den Gefallen tun, denn er hat uns diese Woche nämlich zu seinem Konzert eingeladen.

Wir ließen also das Topspiel Bayern gegen Bayer sausen und waren froh, dass der Club erst am folgenden Tag dran war, sonst hätten wir leider absagen müssen.

Also gingen wir ins Konzert. Man muss dazu wissen: U. spielt Bratsche, er hat das sogar studiert (kennt sich aber auch mit Fußball aus). Bei der Musik handelte es sich um so genannte "Neue Musik". Es war recht abgefahren, nicht schlecht, aber wenig eingängig, es blieb irgendwie nichts hängen.

Hinterher diskutierten V. und ich, ob wir nun Banausen waren oder uns einfach zu wenig auskannten, um dieses Konzert wirklich zu würdigen.

V. fand, wir wissen zu wenig über Neue Musik, um sie wirklich beurteilen zu können oder sogar gut zu finden.

"Im Fußball ist das genauso. Wenn du wenig Ahnung hast, ärgerst du dich über ein torloses Unentschieden. Du bist gefrustet. Aber wenn du dich mit Taktik auskennst, wenn du weißt, was guter Fußball ist, dann findest du ein taktisch gutes, torloses Unentschieden total geil."

Als ich sagte, er könne nicht immer alles mit Fußball erklären, war er etwas beleidigt.

9.5.09

Gedanken zum Derby

Morgen spielt der Club gegen Fürth. Zum 253. Mal seit 1902.

"Das ist die Mutter aller Derbys!", sagt V.

"Aber 'Derby' ist doch ein Neutrum, da kann es doch keine Mutter sein", wage ich einzuwenden.

"Es ist aber so", sagt V.

Was man jetzt bräuchte, wäre ein Sprachwissenschaftler.

"Michael Oenning und Benno Möhlmann kommen übrigens beide aus dem Münsterland und haben beide Germanistik studiert", doziert V.

"Wer ist denn Benno Möhlmann?", frage ich.

"Na, der Trainer von Fürth." Ach so.

V. weiter: "Und beide haben Germanistik studiert! Da hätte aus dir auch noch ein Fußballtrainer werden können!"

"Aber ich hab doch Germanistik nach einem Semester abgebrochen", informiere ich ihn. Nicht ohne einen Schein in Sprachwissenschaft gemacht zu haben, um das hier der Vollständigkeit halber mal zu erwähnen.

"Egal", sagt V. "Das hätte gereicht."

21.4.09

V. spielt selbst (4)

Zwei Stunden danach:
V. hat einen hochroten Kopf und schwärmt T. am Telefon vor, dass alles super war. Der hat gerade 4:0 gewonnen und kann nur noch lallen: "Magnesium! Gegen den Muskelkater!" Klar, Magnesium. Haben wir natürlich da. Und ist in T.s Asbach-Cola hoffentlich auch drin. Der Stürmerstar hat nämlich auch ein Tor gemacht. Es wurde sogar gezählt.

Sechs Stunden danach:
V. tut alles weh. Der Körper, allen voran die Beine. Die Seele auch. "Fünfzehn Jahre vergeudet", seufzt er abends im Bett. "Wenn ich die letzten fünfzehn Jahre gespielt hätte, wie fit wär ich da jetzt." Na ja, aber Nationalspieler wäre er wohl trotzdem nicht. Aber vielleicht in einem Verein. So richtig. Jetzt ist es halt der Englische Garten.

Vierzehn Stunden danach:
V. konnte nicht gut schlafen, weil ihm die Beine so weh getan haben. Will sich ein Buch über Ausdauertraining kaufen. Muss unbedingt was machen.

Fünfzig Stunden danach:
Beide Schienbeine tun ihm wirklich echt weh, obwohl es nur sehr kleine Wunden sind. Sieht aber auch ein bisschen geschwollen aus. Hoffentlich ist es keine Muskelentzündung oder so, sagt V. der ewige Hypochonder.

Und dass das bis zum Wochenende wieder weg sein muss, bis zum nächsten Spiel.

Ach ja, und Club hat natürlich auch gewonnen. Und ist Zweiter.

V. spielt selbst (3)

Kurz vor dem Spiel:
Aufmunterungsanruf von T. Der Chancentod hat selbst gleich ein Spiel (Dritter gegen Vierter) und vergangenen Sonntag einige sichere Tore nicht gemacht. Aber er findet nette Worte für den Neufußballer.

Das Spiel:
Es sind ungefähr zehn, sie kennen sich kaum, und vom Spielfeldrand aus kann man nicht ausmachen, wer zu welcher Mannschaft gehört. Links und rechts spielen andere Hobby-Mannschaften. Eine Flasche Sekt ist zu wenig für sechs Spielerfrauen, auch wenn eine davon schwanger ist (die natürlich Limo getrunken hat). Ein Spieler trägt ein Liverpool-Trikot mit "Gerrad" auf dem Rücken. Ist aber ein altes, sagt V. Fast alle haben Fußballschuhe, die aussehen, als hätten sie die schon länger. Außer V. kenne ich noch drei Spieler, wovon zwei sehr agil sind. Also agiler, als ich dachte, und vor allem agiler als V. Der hält sich in der ersten halben Stunden sehr oft die Seite, oder lässt den Oberkörper nach unten durchhängen. Das habe ich natürlich nicht fotografiert. Sondern das:

















Er schießt ein Tor. Es wird nicht gewertet, weil alle der Meinung waren, der Ball sei "zu hoch gewesen". Da es statt Toren Fahrräder und Rucksäcke gibt, muss man sowas halt schätzen.

V. freut sich trotzdem über das Tor. Er hat Seitenstechen. Die Schuhe sind super, sagt er.

Die zweite Halbzeit läuft besser und V. ist in der Siegermannschaft (7:5) und hat eine Verletzung am Schienbein.




















Nächstes Mal mehr Sekt und Sonnencreme.

V. spielt selbst (2)

Einen Tag vor Spielbeginn:
Einkaufen mit V. ist super, wenn er weiß was er will. Heute weiß er, dass er ins Sportgeschäft gehen und Kaiser 5 kaufen will. Genau das tut er und nach fünfzehn Minuten und zwei Anproben (46? 47?) wünscht ihm die entzückende, blutjunge Verkäuferin sogar noch "Viel Spaß beim Spielen". Mei, dass er das noch erleben darf, mit 33.

Auf dem Heimweg erzählt er mir, dass manche Leute in den Foren raten, sich mit den Schuhen in die Badewanne zu legen, damit sie sich optimal dem Fuß anpassen. Ich traue ihm alles zu.
Die Schuhe sind übrigens sehr schick. Sehr retro.














Zu Hause mache ich eine Waschmaschine mit allen roten Klamotten fertig. Während ich ein Nürnberg- und zwei Liverpool-Trikots aufhänge, frage ich: "Welches Trikot ziehst du denn morgen an?"

V: "Woher willst du wissen, dass ich ein Trikot anziehe? Vielleicht nehm ich auch ein T-Shirt."

Zwei Stunden vor Spielbeginn:
Ich: "Warum ziehst du nicht das Liverpool-Trikot an?"
V: "Ach, ich weiß nicht, das ist vielleicht schon ein bisschen angeberisch. Ich weiß ja nicht, was die anderen dann denken... Das Nürnberg-Trikot ist schon besser."
Genau. Fränkische Bescheidenheit demonstrieren, kommt immer gut.

Ich hole den Sekt aus dem Kühlschrank und packe ihn zu den Plastikbechern im Rucksack. Ich werde zusammen mit anderen Spielerfrauen auf das Spiel anstoßen. V. ist das nicht recht.

Eine Stunde vor Spielbeginn:
V: "Ich bin so aufgeregt. Ich bin so aufgeregt. Die spielen bestimmt alle besser als ich. Oh Gott. Ich hab ja schon so lange nicht mehr gespielt. Also eigentlich noch nie so richtig. Ich bin so aufgeregt. Hoffentlich ist da kein wirklich guter dabei. Weißt du noch, ich hab mal mit diesen Pharmazeuten gespielt, und da war ehemaliger Landesligaspieler dabei, das macht einfach keinen Spaß, ach, ich bin so aufgeregt..."

Im Radio spielen sie "Let it be".

Ich: "Ist das jetzt ein Zeichen, dass du es lieber sein lassen solltest?"

V: "Auf keinen Fall. Ich seh das positiv. Die Beatles kommen ja aus Liverpool, das wird also auf jeden Fall gut."

Weil V. körperlich fürs Radfahren nicht gemacht ist (heißt, V.s Körper fährt nicht gerne Rad), nehmen wir den Bus in den englischen Garten.

19.4.09

V. spielt selbst (1)

Vor vier Monaten:
Auf einer Party kurz vor Weihnachten stehen Männer Ende zwanzig, Anfang dreißig herum. Sie trinken Bier, sie reden über Fußball im Allgemeinen, über bestimmte Vereine im Besonderen. Ein Mainzer ist dabei, ein Köln-Fan, einige andere und natürlich V. Die anwesenden Frauen beobachten die Männergruppe amüsiert, stoßen mit Baileys an und reden über Kindererziehung.
Plötzlich sind die Männer ganz aufgeregt, sie rufen wild durcheinander, die Frauen hören nur verzerrte Laute, die sich anhören wie "Ja, das machen wir!" oder "Davon hab ich schon immer geträumt!" und "Wir fangen spätestens im Februar an!" Die Männer stoßen mit Bier an, sie umarmen sich, ihre Gesichter strahlen wie die kleiner Jungs an Weihnachten und die Frauen sind ein bisschen neidisch. Auf den Moment der vorbehaltlosen Zusammenrottung, des ungeniert geteilten Glücks miteinander warten sie noch. "Wollen wir nicht mal zusammen ins Kino gehen?", fragt eine, während die Männer beschließen, eine Hobby-Fußball-Gruppe zu gründen. Wenn es schon nie für den Vereinsplatz daheim gereicht hat, im Englischen Garten spielen können sie alle mal.

V. sagt, dass er sehr glücklich ist und Fußballschuhe kaufen muss.

Vor ungefähr zwei Monaten:
Der Spielbeginn wird erst einmal verschoben, im Februar ist es einfach noch zu kalt.

Vor zwei Wochen:
V. berät sich ausführlich mit T. Dieser - Stürmerstar, Schwalbenkönig, Chancentod - thematisiert natürlich erst einmal die Ausrüstung. "Du kannst klar billige Fußballschuhe kaufen, so für dreißig, vierzig Euro" - V. verzieht das Gesicht, er ist ein überzeugter Markenjunkie - "aber du willst bestimmt die Adidas Kaiser 5. Das sind super Schuhe." Ende der Werbesendung. V. macht sich im Internet noch ein bisschen schlau - es gibt Foren zu Fußballschuhen, wen wundert's noch - und ist natürlich überzeugt. Nur ob der Name "Kaiser" auf Franz Beckenbauer zurück geht, kann er mir nicht sagen.

18.4.09

Romantik.

In der Samstags-Seite-3-Reportage sagt Rosamunde Pilcher heute, dass Leidenschaft keine gute Basis für eine Ehe sei. Respekt und Pragmatismus - mit diesen Grundsätzen könne man gemeinsam alt werden und mit diesen Grundsätzen war Mrs Pilcher auch 62 Jahre verheiratet.

Nachdem ich diese Zeilen gelesen habe, lausche ich pragmatisch V.s Lesung aus dem heutigen Sportteil über die Jugendförderung des FC Bayern, warum dessen Talente jetzt alle woanders spielen und warum Misomovic unter 80 Kilo bleiben sollte.

"Ach", seufze ich in einem Anfall von leidenschaftlichem Pragmatismus. "Ich freu mich schon drauf, mit dir alt zu werden."

V. überlegt kurz.

"Oh ja", sagt er. "Dann haben wir ein Haus und schauen den ganzen Tag englische Liga!"

Im Übrigen kann der Club morgen Zweiter werden. Also Daumendrücken.

14.4.09

Sicher ins Stadion

Nach dem Spiel gegen Rot-Weiß Oberhausen und vier Siegen in Folge war es dann soweit. Nach langer Zeit versagten bei V. einige wichtige aufstiegssichernde Gehirnwindungen den Dienst.

Der Rasen in Oberhausen war noch nass, da strahlte er mich an und sagte:

"Jetzt kannst du wirklich mal wieder mit ins Stadion!"

Nein. Kann ich nicht. Einen Trainer kann man bei Misserfolg feuern (siehe Holger Fach, Augsburg, vergangenes Wochenende bzw. Jürgen Klinsmann, München, bald) - aber mich? Droht die Scheidung, wenn ich dem Club den Aufstieg versaue? Da bleibe ich dem Stadion der leichten Kredite lieber fern.

Am Samstag erzählte ich T., Stürmerstar und Schwalbenkönig, von V.s Vorschlag mit dem Stadionbesuch. Er legte besorgt die Stürmerstirn in Falten.

"Er riskiert schon wieder zu viel", sagte T. nur.

29.3.09

Urlaub, Tag 2.

Mein Highlight: Abendessen auf einer Terrasse am Meer, Atlantikrauschen, Möwenkreischen, Sonnenuntergang. Pescado fresco, vino tinto, romantico.

V.s Highlight: Satelitenfernsehen im Ferienhaus, DSF auf Programmplatz 166. Die Begegnung Freiburg - Club ab Minute 52. Das 1:0 von Dario Vidosic.

Wir beide sind: entspannt.

13.3.09

V. liest Zeitung - Teil 2

Am Wochenende liest V. nicht nur sehr ausführlich den Sportteil - er liest ihn auch vor. Mir.

Das wäre kein Problem, wenn ich sehbehindert, Analphabetin oder interessiert wäre. Nur trifft keines dieser Attribute auf mich zu.

Nicht an einem Samstagmorgen. Nicht einmal, wenn ich eine sehr lange Seite-3-Reportage über den neuen Wirtschaftsminister lese.

Der Samstagmorgen läuft im ungefähren so ab (wenn wir nicht gerade um 7 Uhr morgens mit dem Bus in den Bayerischen Wald fahren): Aufstehen, Kaffee kochen, Zeitung vor der Tür holen, Wasser für Eier heiß machen, Geschirr in Esszimmer tragen, Essen ins Esszimmer tragen usw. 
Hinsetzen, Zeitung aufklappen, Sportteil für den Angetrauten herausfischen.

Dann ich: Erste Seite kurz überfliegen, Panorama-Teil ein bisschen lesen, Zeitung aufblättern, Seite 3 lesen. Dazu: schweigen.

Dann V.: Sportteil entfalten, Aufmacher taxieren, schweigen. Dann: Kann ich dir kurz was vorlesen?

Ich (stecke gerade im zweiten Absatz): Nein. Ich lese auch.

V.: Ja, aber du bist ja erst am Anfang. Macht ja nix. Also, Uli Hoeneß hat nämlich gesagt...

Ich: Will ich nicht wissen. Interessiert mich nicht. Ich lese selbst.

V.: Ja, aber das ist jetzt wirklich wichtig. Das muss ich dir vorlesen.

Ich: Musst du nicht. 

V.: Es ist wirklich lustig.

Ich: Ist es nicht, ist es nie. Es ist ein aus dem Zusammenhang gerissener Satz über Uli Hoeneß, den du irgendwie lustig findest. Den will ich nicht hören, ich will nicht darüber lesen, ich will jetzt die Reportage über den Guttenberg lesen.

(Beleidigte Stille, ca. 4 Minuten.)

V.: Das mit den Karlsruher Ultras musst du jetzt aber wirklich wissen.

Ich: Nein. Muss ich nicht. Du musst ja auch nicht wissen, was der Guttenberg gestern zur  Merkel gesagt hat. Ich les dir das ja auch nicht vor.

V.: Weil es ja auch nicht relevant ist. Also, die Ultras...

(Es folgt eine längere Ausführung zum Thema, während ich gleichzeitig versuche, den Artikel fertig zu lesen, ohne mit von V. ablenken zu lassen)

Irgendwann hat V. dann den Sportteil durch und nimmt den Feuilleton. Daraus liest er übrigens nie vor. Was nicht fürs Feuilleton spricht.

Frust. Bier. Bratwürste.

V. sagt, er sei unzufrieden. Warum?, frage ich.
Hm, nee, weiß nich, is auch egal, nich so schlimm, grummelt er.

Stimmt alles nicht: Er weiß es sehr wohl, es ist nicht egal, und ist definitiv schlimmer als "nicht so schlimm".

Es liegt natürlich am Club, genauer gesagt, an den letzten beiden Spieltagen.

Vor zwei Wochen war er extra nach Nürnberg gefahren, den Kollegen und Mainz-Fan D. auf dem Beifahrer-Sitz, um drei Abseitstore und ein Null-null zu sehen. 
Bei seiner Rückkehr, gegen Mitternacht, war er mittelschlecht gelaunt und antwortete auf die Doppelfrage "Wie viele waren im Stadion und wie war's?" mit "30.000, zwei Bratwürste und ein Bier."
Eine Stunde und zwei Mai-Tai später platzte es plötzlich aus ihm heraus: "Jetzt kommt der Frust. Oh wie scheiße. Drei Abseitstore. Davon zwei für den Club. So ein Mist."

Der Abend war gelaufen.

Vor einer Woche musste ich mich wegen eigener Unzufriedenheit einen Abend lang betrinken und kam erst nach Hause, als V. schon im Bett lag, die Decke über beide Ohren gezogen, die harte Realität des Zwei-zwei aussperrend. Wobei ich nichts vom Zwei-zwei wusste und in leicht angetrunkener Naivität mit Zuspruch und Romantik rechnete.

Dazu V.: Hallo. Hab nur die letzten zehn Minuten gesehen. Stand Zwei-eins für den Club, als ich eingeschaltet hab. Und dann machen die Duisburger noch das Zwei-zwei. Oh wie scheiße. So ein Mist.

Der Abend war dann auch gelaufen.

10.2.09

Montagsspiel

Manchmal muss man sich entscheiden, zwischen Fußball und Frau. Aber das ist nicht schlimm. Warum?

Frau: (Kommt nach einem 12-Stunden-Tag verfroren und ausgehungert nach Hause, lässt sich schwer in den Sessel fallen und möchte gerade nach einer Wärmflasche und einer Fußmassage verlangen als...)

Mann (angespannter Blick in Richtung Fernseher): Essen ist in der Küche, kannst's dir aufwärmen.

Frau (folgt seinem Blick): Ach so, 83. Minute. (schaut kurz weg, schaut wieder hin) 3 zu 0??? Für den Club???

Hinterher sagt Marek Mintal übrigens wieder, was er immer sagt: "Ist gut für Mannschaft, ist gut für Club." Wer will da noch Essen aufwärmen, wenn wir daheim gegen Kaiserslautern gewinnen.

Es gibt ein Leben nach dem Club

Ein Samstagabend im Februar. Sportschau. Stuttgart gegen Leverkusen.

Mario Gomez schießt ein Tor. V. und ich sind perplex.
Mario Gomez schießt noch ein Tor. V. und ich sind sehr perplex.

Kurz vor Schluss wird Angelos Charisteas eingewechselt. Am letzten Transfertag war er noch schnell zu Leverkusen gezogen, nachdem er beim Club nicht wirklich wusste, wo er mit dem Ball hin sollte.

V: Wirst sehen, gleich macht er ein Tor.

90. Minute. Charisteas nimmt dem Ball, überlegt kurz, was er damit soll, folgt einer schnellen Eingebung und schießt ihn ins Tor. 

Leverkusen verlor trotzdem.

2.2.09

Was Wagner und Bukowski mit der Rückrunde zu tun haben

Es gibt Menschen, die hören Musik über sehr große Kopfhörer. Sie sind meist mittleren Alters, tragen schwarze Rollkragenpullis, und sind, wie ihre Einrichtung und vor allem die weißlackierten Bücherregale vermuten lassen, sehr kunstinteressiert (Schallplatten, Holzgeschnitztes aus Afrika etc.) und belesen (beim männlichen Vertreter dieser Spezies: natürlich viel Bukowski).

Sehr belesene Menschen besitzen grundsätzlich weißlackierte Bücherregale. Manchmal habe ich den Eindruck, der Kauf eines herkömmlichen Billy-Modells in weiß adelt einen schon zum Intellektuellen. 
Unser Billy ist Birke-Furnier, Bukowski steht keiner drin, wird auch nie.

Diese Menschen in den schwarzen Rollkragenpullis vor den weißlackierten Billyregalen hören meist Wagner-Opern oder sehr, sehr abgefahrenen Free-Jazz über ihre überdimensionierten Kopfhörer. 

Häufig haben sie dabei die Augen geschlossen, den Kopf leicht in den Nacken gelegt und den Mund zu einem dünnen, konzentrierten Strich verzogen.

Genauso sah V. am Freitagabend aus und ich hätte ihm im Schlussverkauf fast noch einen schwarzen Rollkragenpulli gekauft und unseren Billy umlackiert.

Bis V. plötzlich und schmerzverzerrt die Mundwinkel nach unten verzog und ein wütendes "Pfosten!" hervor stieß.

War halt doch keine Wagner-Oper, sondern Augsburg gegen Nürnberg zum Rückrundenauftakt. Übers Internetradio.