31.7.09

Der Mittelfuß

Gestern abend hüpfte ein schmerzverzerrter Steven Gerrad vor mir auf einem Bein durch die Wohnung. Es war natürlich nicht Steven Gerrad, sondern V., im Liverpool-Trikot mit Nummer. Aber das tut hier nichts zur Sache. Viel wichtiger ist: V. hüpfte, denn er war verletzt. Ist es immer noch. Hat die Bänder/Sehnen am linken Mittelfuß überdehnt, beim Volleyball. Ganz typisch, sagte die Ärztin, und verpasste V. einen hübschen Tape-Verband:

V. leidet. Er kann nicht auftreten. Ihm war den ganzen Tag langweilig. Der Fuß tut weh. Aber, und so kenne ich ihn, er schöpft auch Kraft aus dieser Verletzung.
Er sagt: "Eigentlich cool. Erst ein Muskelfaserriss, wie der Vittek (mehr hier), jetzt der Mittelfuß, wie Mintal. Lass ich mir also doch 'Mintal' aufs neue Trikot drucken."
Wobei sich Marek Mintal ja den Mittelfuß gebrochen hat, sogar zweimal, was wir jetzt mal keinem wünschen wollen. Aber ich bin froh, dass das die Sache mit dem Trikot, der Nummer und dem Namen nun auch geklärt ist.

Saisoneröffnung

Was soll ich sagen - ich war dabei, sie haben verloren. 0:2 gegen die Glasgow Rangers.

Nein, ich fühle mich nicht schuldig. Erst nächste Woche gilt's und da weiß ich schon, wo mein Platz ist. Obwohl ich den im Stadion, Block 41, Reihe 6, Platz 2 mit Blick auf den schönsten Trainer der Bundesliga wirklich gut fand:




In Verbindung mit einem kleinen Snack ein gelungener Nachmittag! Und jetzt auf in die erste Bundesliga!!!


Urlaubs-Impressionen

Ein gelungener Urlaub für V. ist ein Urlaub mit Stadion-Besuch. Siehe unsere Reise nach Liverpool (mehr hier) vor zwei Jahren. Kurze Abstecher im Club-Trikot zählen übrigens auch. Diesmal sind uns drei gelungen:



FC Carl-Zeiss Jena, Ernst-Abbe-Sportfeld:










Hamburger Sportverein - HSV, inklusive Besuch des HSV-Museums und des Trainings mit Bruno Labbadia:









FC St. Pauli, Millerntor, Hamburg


Ich geniere mich zwar immer noch ein bisschen, wenn er das Club-Trikot aus dem Rucksack holt und überzieht, ich bin immer ein bisschen beunruhigt und glaube, militante Fans beschimpfen uns gleich, und mir ist es auch ein bisschen peinlich, vor allem, wenn V. sich am Millerntor über Pauli aufregen muss - aber ich werde es schon noch lernen, da bin ich ganz sicher.

3.6.09

Anmelden.

Gestern hat sich V. endlich um seine Aufnahme in den 1. Fußball-Club Nürnberg (1. FCN) bemüht. Als ich nach Hause komme, hält er mir den ausgefüllte Aufnahmeantrag vors Gesicht. Seit dem Pokalsieg vor zwei Jahren liebäugelt er mit diesem Antrag, kündigte ihn immer wieder an, hatte ihn sogar schon einmal ausgefüllt, und dann doch wieder einen Rückzieher gemacht.

"Fällt dir was auf?", will V. wissen.

Nö.

"Schau mal auf 'Gewünschtes Eintrittsdatum'."

Ah, unser erster Hochzeitstag. Schön. 

Ich bin sehr gerührt und sehe das "Gewünschte Eintrittsdatum" auch als Zeichen der Wiedergutmachung dafür, dass V. beim letzten Hobby-Fußballspiel seinen Ehering verloren hatte. Glück für V. - ein Mitspieler hat ihn gleich wieder gefunden. 

V. ist trotzdem traumatisiert, hat aber mittlerweile davon gehört, dass man auch einen Ehering beim Sport ablegen darf. Ich nehme an, dass die Profis das so machen. Man stelle sich vor, Michael Ballack riefe während eines Länderspiels plötzlich "Stoooop! Keiner bewegt sich! Mein Ehering!" - und dann robben alle auf den Knien über den Platz und tasten den Rasen nach Ballacks Schmuck ab. 

Man kann den Ring aber auch abkleben, sagt T.

1.6.09

Aufsteigen.

Am Morgen danach will sich V. ein Michael-Oenning-Bärtchen rasieren, dem Aufstiegs-Trainer zu Ehren. Hat er dann aber doch nicht gemacht.

Stattdessen sind wir nach dem Spiel durch das fränkische Dorf E. gelaufen, wo es, wenn ich richtig gezählt habe, acht Trampolins gibt, mindestens 20 Franken-Fahnen (inkl. Fahnenmast) und geschätzte 50 Club-Fahnen -letztere wurden minütlich mehr, weil ein Club-Fan gerade vom Spiel zurück gekommen war und neue Club-Fahnen verteilte.

Wir trafen ihn, als er damit gerade eine Familie beglückte, die vor ihrem Neubau grillte und dabei "Die Legende lebt" hörte. Es war großartig.

Wir schauen also beglückt in die Zukunft und in die erste Liga, wir stellen fest, dass das Kind von Club-Fan K. und seiner Frau A. von Geburt an erstklassig sein wird (Termin ist Anfang August), und dass für die Begegnung FC Bayern - FCN schon erste Anfragen bei uns eingetroffen sind. Natürlich werden wir so schnell wie möglich versuchen, Karten zu bekommen.

Und ja, ich werde dabei sein. Jetzt, wo der junge B., Bayern-Fan aus O., noch immer traumatisiert von unserem gemeinsamen Besuch eines völlig unbedeutenden Länderspiels vor zwei Jahren, mich davon abhalten wollte, erst recht.

28.5.09

Relegation (2)

Schneeeell", ruft V. "Fotoapparat her! Du musst den Videotext fotografieren!!!" Klar, wird gemacht.
















Dann muss V. Glückwunsch-Telefonate entgegen nehmen.


Relegations-Rausch. 3:0 in Cottbus, Aufstieg so gut wie sicher ("ohohoh, jetzt steht's im Blog", oraktelt V.), V. total aufgedreht.

Mehr gibt es nicht zu sagen.

Relegation (1)

Aus gegebenem Anlass: Bitte Daumen drücken, in 45 Minuten wird angepfiffen.

Aber vorher noch die Ergebnisse der Clubundich-Umfrage:

"Ja, der Club steigt auf", sagten 45 Prozent.

"Das geht in die Relegation", prophezeiten ebenfalls 45 Prozent.

"Nein, die verbocken das", erdreisteten sich neun Prozent zu behaupten, was bei 11 Teilnehmern genau eine Person war, die jetzt froh sein kann, dass es eine anonyme Abstimmung war. Denn natürlich hat V. gefragt, ob man nicht doch herausfinden könnte, wer und wie und na ja... 

Wer Recht behält, erfahren wir am Sonntag. Bis dahin bitte Daumen drücken!!!

15.5.09

Alles abstimmen!

Lieber Club-Fan,

es wird interaktiv: Bitte nimm an der Umfrage rechts teil. Steigt der Club wieder auf? Oder schrammt er haarscharf vorbei an der ersten Liga?

Keine Angst - die Umfrage ist anonym. V. wird und kann nie erfahren, wie wer abgestimmt hat. Falls also jemand nicht an den sicheren Aufstieg glaubt, kann er das hier kundtun, ohne befürchten zu müssen, von V. mit beleidigter Nichtachtung gestraft zu werden.

Also los!

14.5.09

V. über... Musik

U. möchte auch mal im Blog vorkommen, und ich werde hier eine Ausnahme machen und ihm den Gefallen tun, denn er hat uns diese Woche nämlich zu seinem Konzert eingeladen.

Wir ließen also das Topspiel Bayern gegen Bayer sausen und waren froh, dass der Club erst am folgenden Tag dran war, sonst hätten wir leider absagen müssen.

Also gingen wir ins Konzert. Man muss dazu wissen: U. spielt Bratsche, er hat das sogar studiert (kennt sich aber auch mit Fußball aus). Bei der Musik handelte es sich um so genannte "Neue Musik". Es war recht abgefahren, nicht schlecht, aber wenig eingängig, es blieb irgendwie nichts hängen.

Hinterher diskutierten V. und ich, ob wir nun Banausen waren oder uns einfach zu wenig auskannten, um dieses Konzert wirklich zu würdigen.

V. fand, wir wissen zu wenig über Neue Musik, um sie wirklich beurteilen zu können oder sogar gut zu finden.

"Im Fußball ist das genauso. Wenn du wenig Ahnung hast, ärgerst du dich über ein torloses Unentschieden. Du bist gefrustet. Aber wenn du dich mit Taktik auskennst, wenn du weißt, was guter Fußball ist, dann findest du ein taktisch gutes, torloses Unentschieden total geil."

Als ich sagte, er könne nicht immer alles mit Fußball erklären, war er etwas beleidigt.

9.5.09

Gedanken zum Derby

Morgen spielt der Club gegen Fürth. Zum 253. Mal seit 1902.

"Das ist die Mutter aller Derbys!", sagt V.

"Aber 'Derby' ist doch ein Neutrum, da kann es doch keine Mutter sein", wage ich einzuwenden.

"Es ist aber so", sagt V.

Was man jetzt bräuchte, wäre ein Sprachwissenschaftler.

"Michael Oenning und Benno Möhlmann kommen übrigens beide aus dem Münsterland und haben beide Germanistik studiert", doziert V.

"Wer ist denn Benno Möhlmann?", frage ich.

"Na, der Trainer von Fürth." Ach so.

V. weiter: "Und beide haben Germanistik studiert! Da hätte aus dir auch noch ein Fußballtrainer werden können!"

"Aber ich hab doch Germanistik nach einem Semester abgebrochen", informiere ich ihn. Nicht ohne einen Schein in Sprachwissenschaft gemacht zu haben, um das hier der Vollständigkeit halber mal zu erwähnen.

"Egal", sagt V. "Das hätte gereicht."

21.4.09

V. spielt selbst (4)

Zwei Stunden danach:
V. hat einen hochroten Kopf und schwärmt T. am Telefon vor, dass alles super war. Der hat gerade 4:0 gewonnen und kann nur noch lallen: "Magnesium! Gegen den Muskelkater!" Klar, Magnesium. Haben wir natürlich da. Und ist in T.s Asbach-Cola hoffentlich auch drin. Der Stürmerstar hat nämlich auch ein Tor gemacht. Es wurde sogar gezählt.

Sechs Stunden danach:
V. tut alles weh. Der Körper, allen voran die Beine. Die Seele auch. "Fünfzehn Jahre vergeudet", seufzt er abends im Bett. "Wenn ich die letzten fünfzehn Jahre gespielt hätte, wie fit wär ich da jetzt." Na ja, aber Nationalspieler wäre er wohl trotzdem nicht. Aber vielleicht in einem Verein. So richtig. Jetzt ist es halt der Englische Garten.

Vierzehn Stunden danach:
V. konnte nicht gut schlafen, weil ihm die Beine so weh getan haben. Will sich ein Buch über Ausdauertraining kaufen. Muss unbedingt was machen.

Fünfzig Stunden danach:
Beide Schienbeine tun ihm wirklich echt weh, obwohl es nur sehr kleine Wunden sind. Sieht aber auch ein bisschen geschwollen aus. Hoffentlich ist es keine Muskelentzündung oder so, sagt V. der ewige Hypochonder.

Und dass das bis zum Wochenende wieder weg sein muss, bis zum nächsten Spiel.

Ach ja, und Club hat natürlich auch gewonnen. Und ist Zweiter.

V. spielt selbst (3)

Kurz vor dem Spiel:
Aufmunterungsanruf von T. Der Chancentod hat selbst gleich ein Spiel (Dritter gegen Vierter) und vergangenen Sonntag einige sichere Tore nicht gemacht. Aber er findet nette Worte für den Neufußballer.

Das Spiel:
Es sind ungefähr zehn, sie kennen sich kaum, und vom Spielfeldrand aus kann man nicht ausmachen, wer zu welcher Mannschaft gehört. Links und rechts spielen andere Hobby-Mannschaften. Eine Flasche Sekt ist zu wenig für sechs Spielerfrauen, auch wenn eine davon schwanger ist (die natürlich Limo getrunken hat). Ein Spieler trägt ein Liverpool-Trikot mit "Gerrad" auf dem Rücken. Ist aber ein altes, sagt V. Fast alle haben Fußballschuhe, die aussehen, als hätten sie die schon länger. Außer V. kenne ich noch drei Spieler, wovon zwei sehr agil sind. Also agiler, als ich dachte, und vor allem agiler als V. Der hält sich in der ersten halben Stunden sehr oft die Seite, oder lässt den Oberkörper nach unten durchhängen. Das habe ich natürlich nicht fotografiert. Sondern das:

















Er schießt ein Tor. Es wird nicht gewertet, weil alle der Meinung waren, der Ball sei "zu hoch gewesen". Da es statt Toren Fahrräder und Rucksäcke gibt, muss man sowas halt schätzen.

V. freut sich trotzdem über das Tor. Er hat Seitenstechen. Die Schuhe sind super, sagt er.

Die zweite Halbzeit läuft besser und V. ist in der Siegermannschaft (7:5) und hat eine Verletzung am Schienbein.




















Nächstes Mal mehr Sekt und Sonnencreme.

V. spielt selbst (2)

Einen Tag vor Spielbeginn:
Einkaufen mit V. ist super, wenn er weiß was er will. Heute weiß er, dass er ins Sportgeschäft gehen und Kaiser 5 kaufen will. Genau das tut er und nach fünfzehn Minuten und zwei Anproben (46? 47?) wünscht ihm die entzückende, blutjunge Verkäuferin sogar noch "Viel Spaß beim Spielen". Mei, dass er das noch erleben darf, mit 33.

Auf dem Heimweg erzählt er mir, dass manche Leute in den Foren raten, sich mit den Schuhen in die Badewanne zu legen, damit sie sich optimal dem Fuß anpassen. Ich traue ihm alles zu.
Die Schuhe sind übrigens sehr schick. Sehr retro.














Zu Hause mache ich eine Waschmaschine mit allen roten Klamotten fertig. Während ich ein Nürnberg- und zwei Liverpool-Trikots aufhänge, frage ich: "Welches Trikot ziehst du denn morgen an?"

V: "Woher willst du wissen, dass ich ein Trikot anziehe? Vielleicht nehm ich auch ein T-Shirt."

Zwei Stunden vor Spielbeginn:
Ich: "Warum ziehst du nicht das Liverpool-Trikot an?"
V: "Ach, ich weiß nicht, das ist vielleicht schon ein bisschen angeberisch. Ich weiß ja nicht, was die anderen dann denken... Das Nürnberg-Trikot ist schon besser."
Genau. Fränkische Bescheidenheit demonstrieren, kommt immer gut.

Ich hole den Sekt aus dem Kühlschrank und packe ihn zu den Plastikbechern im Rucksack. Ich werde zusammen mit anderen Spielerfrauen auf das Spiel anstoßen. V. ist das nicht recht.

Eine Stunde vor Spielbeginn:
V: "Ich bin so aufgeregt. Ich bin so aufgeregt. Die spielen bestimmt alle besser als ich. Oh Gott. Ich hab ja schon so lange nicht mehr gespielt. Also eigentlich noch nie so richtig. Ich bin so aufgeregt. Hoffentlich ist da kein wirklich guter dabei. Weißt du noch, ich hab mal mit diesen Pharmazeuten gespielt, und da war ehemaliger Landesligaspieler dabei, das macht einfach keinen Spaß, ach, ich bin so aufgeregt..."

Im Radio spielen sie "Let it be".

Ich: "Ist das jetzt ein Zeichen, dass du es lieber sein lassen solltest?"

V: "Auf keinen Fall. Ich seh das positiv. Die Beatles kommen ja aus Liverpool, das wird also auf jeden Fall gut."

Weil V. körperlich fürs Radfahren nicht gemacht ist (heißt, V.s Körper fährt nicht gerne Rad), nehmen wir den Bus in den englischen Garten.

19.4.09

V. spielt selbst (1)

Vor vier Monaten:
Auf einer Party kurz vor Weihnachten stehen Männer Ende zwanzig, Anfang dreißig herum. Sie trinken Bier, sie reden über Fußball im Allgemeinen, über bestimmte Vereine im Besonderen. Ein Mainzer ist dabei, ein Köln-Fan, einige andere und natürlich V. Die anwesenden Frauen beobachten die Männergruppe amüsiert, stoßen mit Baileys an und reden über Kindererziehung.
Plötzlich sind die Männer ganz aufgeregt, sie rufen wild durcheinander, die Frauen hören nur verzerrte Laute, die sich anhören wie "Ja, das machen wir!" oder "Davon hab ich schon immer geträumt!" und "Wir fangen spätestens im Februar an!" Die Männer stoßen mit Bier an, sie umarmen sich, ihre Gesichter strahlen wie die kleiner Jungs an Weihnachten und die Frauen sind ein bisschen neidisch. Auf den Moment der vorbehaltlosen Zusammenrottung, des ungeniert geteilten Glücks miteinander warten sie noch. "Wollen wir nicht mal zusammen ins Kino gehen?", fragt eine, während die Männer beschließen, eine Hobby-Fußball-Gruppe zu gründen. Wenn es schon nie für den Vereinsplatz daheim gereicht hat, im Englischen Garten spielen können sie alle mal.

V. sagt, dass er sehr glücklich ist und Fußballschuhe kaufen muss.

Vor ungefähr zwei Monaten:
Der Spielbeginn wird erst einmal verschoben, im Februar ist es einfach noch zu kalt.

Vor zwei Wochen:
V. berät sich ausführlich mit T. Dieser - Stürmerstar, Schwalbenkönig, Chancentod - thematisiert natürlich erst einmal die Ausrüstung. "Du kannst klar billige Fußballschuhe kaufen, so für dreißig, vierzig Euro" - V. verzieht das Gesicht, er ist ein überzeugter Markenjunkie - "aber du willst bestimmt die Adidas Kaiser 5. Das sind super Schuhe." Ende der Werbesendung. V. macht sich im Internet noch ein bisschen schlau - es gibt Foren zu Fußballschuhen, wen wundert's noch - und ist natürlich überzeugt. Nur ob der Name "Kaiser" auf Franz Beckenbauer zurück geht, kann er mir nicht sagen.

18.4.09

Romantik.

In der Samstags-Seite-3-Reportage sagt Rosamunde Pilcher heute, dass Leidenschaft keine gute Basis für eine Ehe sei. Respekt und Pragmatismus - mit diesen Grundsätzen könne man gemeinsam alt werden und mit diesen Grundsätzen war Mrs Pilcher auch 62 Jahre verheiratet.

Nachdem ich diese Zeilen gelesen habe, lausche ich pragmatisch V.s Lesung aus dem heutigen Sportteil über die Jugendförderung des FC Bayern, warum dessen Talente jetzt alle woanders spielen und warum Misomovic unter 80 Kilo bleiben sollte.

"Ach", seufze ich in einem Anfall von leidenschaftlichem Pragmatismus. "Ich freu mich schon drauf, mit dir alt zu werden."

V. überlegt kurz.

"Oh ja", sagt er. "Dann haben wir ein Haus und schauen den ganzen Tag englische Liga!"

Im Übrigen kann der Club morgen Zweiter werden. Also Daumendrücken.

14.4.09

Sicher ins Stadion

Nach dem Spiel gegen Rot-Weiß Oberhausen und vier Siegen in Folge war es dann soweit. Nach langer Zeit versagten bei V. einige wichtige aufstiegssichernde Gehirnwindungen den Dienst.

Der Rasen in Oberhausen war noch nass, da strahlte er mich an und sagte:

"Jetzt kannst du wirklich mal wieder mit ins Stadion!"

Nein. Kann ich nicht. Einen Trainer kann man bei Misserfolg feuern (siehe Holger Fach, Augsburg, vergangenes Wochenende bzw. Jürgen Klinsmann, München, bald) - aber mich? Droht die Scheidung, wenn ich dem Club den Aufstieg versaue? Da bleibe ich dem Stadion der leichten Kredite lieber fern.

Am Samstag erzählte ich T., Stürmerstar und Schwalbenkönig, von V.s Vorschlag mit dem Stadionbesuch. Er legte besorgt die Stürmerstirn in Falten.

"Er riskiert schon wieder zu viel", sagte T. nur.

29.3.09

Urlaub, Tag 2.

Mein Highlight: Abendessen auf einer Terrasse am Meer, Atlantikrauschen, Möwenkreischen, Sonnenuntergang. Pescado fresco, vino tinto, romantico.

V.s Highlight: Satelitenfernsehen im Ferienhaus, DSF auf Programmplatz 166. Die Begegnung Freiburg - Club ab Minute 52. Das 1:0 von Dario Vidosic.

Wir beide sind: entspannt.

13.3.09

V. liest Zeitung - Teil 2

Am Wochenende liest V. nicht nur sehr ausführlich den Sportteil - er liest ihn auch vor. Mir.

Das wäre kein Problem, wenn ich sehbehindert, Analphabetin oder interessiert wäre. Nur trifft keines dieser Attribute auf mich zu.

Nicht an einem Samstagmorgen. Nicht einmal, wenn ich eine sehr lange Seite-3-Reportage über den neuen Wirtschaftsminister lese.

Der Samstagmorgen läuft im ungefähren so ab (wenn wir nicht gerade um 7 Uhr morgens mit dem Bus in den Bayerischen Wald fahren): Aufstehen, Kaffee kochen, Zeitung vor der Tür holen, Wasser für Eier heiß machen, Geschirr in Esszimmer tragen, Essen ins Esszimmer tragen usw. 
Hinsetzen, Zeitung aufklappen, Sportteil für den Angetrauten herausfischen.

Dann ich: Erste Seite kurz überfliegen, Panorama-Teil ein bisschen lesen, Zeitung aufblättern, Seite 3 lesen. Dazu: schweigen.

Dann V.: Sportteil entfalten, Aufmacher taxieren, schweigen. Dann: Kann ich dir kurz was vorlesen?

Ich (stecke gerade im zweiten Absatz): Nein. Ich lese auch.

V.: Ja, aber du bist ja erst am Anfang. Macht ja nix. Also, Uli Hoeneß hat nämlich gesagt...

Ich: Will ich nicht wissen. Interessiert mich nicht. Ich lese selbst.

V.: Ja, aber das ist jetzt wirklich wichtig. Das muss ich dir vorlesen.

Ich: Musst du nicht. 

V.: Es ist wirklich lustig.

Ich: Ist es nicht, ist es nie. Es ist ein aus dem Zusammenhang gerissener Satz über Uli Hoeneß, den du irgendwie lustig findest. Den will ich nicht hören, ich will nicht darüber lesen, ich will jetzt die Reportage über den Guttenberg lesen.

(Beleidigte Stille, ca. 4 Minuten.)

V.: Das mit den Karlsruher Ultras musst du jetzt aber wirklich wissen.

Ich: Nein. Muss ich nicht. Du musst ja auch nicht wissen, was der Guttenberg gestern zur  Merkel gesagt hat. Ich les dir das ja auch nicht vor.

V.: Weil es ja auch nicht relevant ist. Also, die Ultras...

(Es folgt eine längere Ausführung zum Thema, während ich gleichzeitig versuche, den Artikel fertig zu lesen, ohne mit von V. ablenken zu lassen)

Irgendwann hat V. dann den Sportteil durch und nimmt den Feuilleton. Daraus liest er übrigens nie vor. Was nicht fürs Feuilleton spricht.

Frust. Bier. Bratwürste.

V. sagt, er sei unzufrieden. Warum?, frage ich.
Hm, nee, weiß nich, is auch egal, nich so schlimm, grummelt er.

Stimmt alles nicht: Er weiß es sehr wohl, es ist nicht egal, und ist definitiv schlimmer als "nicht so schlimm".

Es liegt natürlich am Club, genauer gesagt, an den letzten beiden Spieltagen.

Vor zwei Wochen war er extra nach Nürnberg gefahren, den Kollegen und Mainz-Fan D. auf dem Beifahrer-Sitz, um drei Abseitstore und ein Null-null zu sehen. 
Bei seiner Rückkehr, gegen Mitternacht, war er mittelschlecht gelaunt und antwortete auf die Doppelfrage "Wie viele waren im Stadion und wie war's?" mit "30.000, zwei Bratwürste und ein Bier."
Eine Stunde und zwei Mai-Tai später platzte es plötzlich aus ihm heraus: "Jetzt kommt der Frust. Oh wie scheiße. Drei Abseitstore. Davon zwei für den Club. So ein Mist."

Der Abend war gelaufen.

Vor einer Woche musste ich mich wegen eigener Unzufriedenheit einen Abend lang betrinken und kam erst nach Hause, als V. schon im Bett lag, die Decke über beide Ohren gezogen, die harte Realität des Zwei-zwei aussperrend. Wobei ich nichts vom Zwei-zwei wusste und in leicht angetrunkener Naivität mit Zuspruch und Romantik rechnete.

Dazu V.: Hallo. Hab nur die letzten zehn Minuten gesehen. Stand Zwei-eins für den Club, als ich eingeschaltet hab. Und dann machen die Duisburger noch das Zwei-zwei. Oh wie scheiße. So ein Mist.

Der Abend war dann auch gelaufen.

10.2.09

Montagsspiel

Manchmal muss man sich entscheiden, zwischen Fußball und Frau. Aber das ist nicht schlimm. Warum?

Frau: (Kommt nach einem 12-Stunden-Tag verfroren und ausgehungert nach Hause, lässt sich schwer in den Sessel fallen und möchte gerade nach einer Wärmflasche und einer Fußmassage verlangen als...)

Mann (angespannter Blick in Richtung Fernseher): Essen ist in der Küche, kannst's dir aufwärmen.

Frau (folgt seinem Blick): Ach so, 83. Minute. (schaut kurz weg, schaut wieder hin) 3 zu 0??? Für den Club???

Hinterher sagt Marek Mintal übrigens wieder, was er immer sagt: "Ist gut für Mannschaft, ist gut für Club." Wer will da noch Essen aufwärmen, wenn wir daheim gegen Kaiserslautern gewinnen.