25.8.09

3. Spieltag. Hannover.

Samstagmorgen. Leseritual. Schweigen.

Plötzlich fragt V.: Was heißt denn neolithisch?

Ich: Keine Ahnung, schau halt im Duden nach. Was hat das Wort eigentlich im Sportteil verloren?

V.: Nix. Ich hab heute mal mit dem Feuilleton angefangen. Ist übrigens total interessant. Diese Ausstellung in London, da sollten wir mal hingehen. 

Ich: Eigentlich keine schlechte Idee, das Pfund steht ja gerade auch so gut.

Dann wieder: Schweigen. Leseritual.

Und als ich mich in diese sehr lange Reportage über den Mann mit den vielen Schlangen vertiefe, blitzt irgendwo in meinem Hirn, wahrscheinlich in der Fußballecke, kurz, aber nur ganz kurz, der Gedanke auf, ob das nicht ein schlechtes Omen ist, vor dem Spiel gegen Hannover einfach mal so mit dem Feuilleton anzufangen. 

Und wie sich einige Stunden später zeigt: Es war vielleicht kein Omen, aber es war schlecht. Er wird das nicht wieder tun.

Küren wir, trotz allem, den

Spieler des Tages: Raphael Schäfer

Was ich über ihn weiß: Nürnbergs Jahrhundert-Torwart, unverzichtbar im Pokalsieger-Jahr, danach nach Stuttgart verkauft, dann reumütige, freiwillige Rückkehr in die zweite Liga. 

Wie V. ihn findet: V. hat selten viel für "Torwächter" (Zitat Günter Netzer) übrig und ist, wenn, dann Fan von Andreas Köpke. Aber auf den Schäfer lässt er nix kommen.

Warum Spieler des Tages: Er hat einen Elfmeter gehalten und den Club so vor einer noch größeren Schmach bewahrt.

Weitere Fakten: Raphael Schäfer ist in Oberschlesien geboren und lebt seit seinem siebten Lebensjahr in Deutschland. Und beim Club ist er seit 2001 – die wenig erfolgreiche Unterbrechung in Stuttgart mal nicht eingerechnet.

18.8.09

2. Spieltag. Frankfurt.

Fast noch schlimmer als ein Fußballspiel mit V. live zu sehen oder zu hören, ist, mit ihm die Wiederholung zu schauen. Je länger das Spiel zurückliegt, desto schlimmer.

Zum Vergleich:
Das Spiel am Samstagnachmittag im Radio hören und dann ab 18 Uhr in der Sportschau sehen, ist in Ordnung, das noch vorhandene Haupthaar wird nur sporadisch gerauft.

Aber:
Das Spiel am Samstagnachmittag weder hören noch sehen, und dann erst am Montag bei Blickpunkt Sport die Zusammenfassung serviert bekommen, ist schlimm. Da wird jedes einzelne Haar gerauft, die Hände schlägt man sich verzweifelt vors Gesicht, ein Aufschrei geht durchs Wohnzimmer - vor allem angesichts der verpassten Chancen von Eigler und Mintal. Wir sehen wie sich Oenning ärgert und V. leidet mit ihm, wenn auch zwei Tage verspätet.

Trotzdem:
Das Wochenende war für V. ein voller Erfolg, der Mittelfuß hat keine Mätzchen mehr gemacht und stand am Samstag im Finale eines nicht ganz so wichtigen Beachvolleyball-Turniers. Am Ende war's der zweite Platz und V. ein Held.

Außerdem:
Wurde am Samstag erstmals ein Lied auf mich gedichtet mit der schönen Zeile "Sie findet den Oenning schön, darf aber nicht zu ihm ins Stadion gehen" - auf die Melodie von Abbas "Dancing Queen". Ich bin immer noch gerührt und danke P., N., K. und F. für die schöne Darbietung.

Unser Spieler des Tages: Albert Bunjaku

Was ich über ihn weiß: Erschreckend - fast nichts. Schweizer. Torschütze gegen Frankfurt. Hat uns noch mal gerettet.

Wie V. ihn findet: Ach ja, das hatte ich ihn noch fragen wollen.

Warum Spieler des Tages: Wie gesagt, hat uns (!) noch mal gerettet und der Club konnte einen Punkt mit nach Hause nehmen.

Weitere Fakten: Beim Club seit Februar 2009, also gar kein Neuzugang, wie ich anfangs dachte. Stammt aus dem Kosovo. Hatte noch nicht so viele Einsätze, weil Dario Vidosic immer vorgezogen wurde. 

14.8.09

3 Jahre Club, ich und V.

Heute vor drei Jahren hat dieses Blog pünktlich zur Saison 2006/2007 begonnen. Damals hätte ich nicht geglaubt, dass es nach drei Jahren noch immer etwas über den Club, mich und V. zu erzählen gibt. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass der Club Pokalsieger wird. Oder gleich wieder absteigt. Obwohl - das wahrscheinlich schon.

Vor drei Jahren hat mich V.s Leidenschaft für den Club halb amüsiert, halb genervt. Ersteres überwog aber, deshalb habe ich begonnen, darüber zu schreiben. Um damit wiederum letzteres zu kompensieren. Welche Entwicklung das alles in Gang setzte, konnte ich wirklich nicht ahnen. Hätte mir im Sommer 2006 jemand erzählt, dass ich mal "Die Legende lebt"  unfallfrei und mit echtem Pathos mitsingen würde, ich wäre wohl handgreiflich geworden.

Heute kann ich nur sagen: Das hat dieses Blog aus mir gemacht. Eine Frau, die mit Club-Schal im Stadion steht, über die Aufstellung des aktuellen Spieltages diskutieren kann, die mit Interesse die Sportschau verfolgt, die 20 Euro beim Fußballtipp gewinnt. Und ohne dass ich es bewusst wahrgenommen habe, hat sich eine kleine sprachliche Eigenheit in mein Hirn geschlichen, die vor drei Jahren sicher noch nicht da war und mit der im August 2006 dieses Blog begann. 
Ich stelle mit Erschrecken fest: Ich sage "wir" und meine den Club. Habe ich mich vor drei Jahren noch ironisch-distanziert darüber amüsiert, dass "wir" eingekauft, gestritten, aber auch drei-null gegen Stuttgart gewonnen haben, sage ich heute ganz selbstverständlich Sätze wie "Haben wir den Charisteas wieder aus Leverkusen geholt?" oder "Meinst du, wir gewinnen morgen gegen Frankfurt?"
Wohin diese Entwicklung noch führen wird, mag ich mir nicht ausmalen. Sie wird an einem eigenen Trikot nicht vorbei kommen, hoffentlich aber an der Easy-Credit-Fanbank.

Zur Feier des Tages: Was Ihr schon immer über dieses Blog wissen wolltet


Seit wann seid Ihr zusammen?
Seit der 1. FC Nürnberg 1:0 gegen die Stuttgarter Kickers gewann, in der Saison 1997/98. Es war ein Montagsspiel in der zweiten Liga.

Verliert der Club wirklich immer, wenn du im Stadion bist?
Nein, einmal hat es für ein Unentschieden gereicht, gegen Sechzig, im Dezember 2008. Abgesehen davon bin ich kein Glücksbringer, schon bei meinem ersten Stadionbesuch 1991 verlor der Club gegen Bayern. V. sagt aber, ich muss einfach öfter mit, um den Fluch zu brechen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Druck aushalten kann.

Warum ist V. Club-Fan?
Keine Ahnung. Oder um es mit Nick Hornby zu sagen: Den Verein sucht man sich ja nicht aus, der wird einem gegeben. Ich möchte dem hinzufügen: Als Freundin/Frau eines Fans wird es dir stattdessen zugewiesen. Ich stelle mir das so vor: Erst überreichte der Fußballgott feierlich V. den 1. FC Nürnberg. Dann drehte er sich um, winkte mich heran, deutete auf V. und sagte: Du da, du gehst zu dem.

Hat V. eigentlich selber mal gespielt?
Ja. Für sehr, sehr kurze Zeit. Hätten ihn nicht widrige Umstände gehindert, wäre er jetzt ein Ausnahme-Spieler und ich eine Ausnahme-Spielerfrau. Er versucht, freizeitmäßig zu kicken, leider mit mäßigem Erfolg.

Habt Ihr immer noch das gerahmte Hans-Meyer-Autogramm auf dem DVD-Player stehen?
Nein, das hab ich weggeräumt. Aber falls mir jemand ein Oenning-Autogramm besorgen kann, hol ich den Rahmen vielleicht wieder raus.

Ist V. auch schon immer Liverpool-Fan?
Mhm. Nein.

Warum ist er denn Liverpool-Fan?
Nun ja, wenn der eigene Verein kaum Möglichkeiten hat international zu spielen, muss man sich Alternativen suchen. Die findet man dann im Ausland, denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Club mal gegen Liverpool spielen muss, ist ziemlich gering. Außerdem findet V. alles Englische cool, war vom Champions-League-Finale in Istanbul 2005 begeistert - nun ja, dann kam eins zum anderen.

Schlaft Ihr in FCN-Bettwäsche?
Nein.Es gibt Grenzen.

9.8.09

1. Spieltag.Schalke.

Sonntag. Nachmittag. Schwül.

V: Du warst gestern sehr tapfer.

Ich: Ach ja?

V: Na, du hast den halben Tag mit mir Fußball geguckt. Sportschau, Aktuelles Sportstudio... Ich glaube, es hat dich fast interessiert!

Ich: Ach ja?

V: Es HAT dich interessiert!

Ich: Ich muss ja auch wissen, ob ich richtig getippt habe. Da steht Geld auf dem Spiel. Immerhin war mein Nürnberg-Schalke-Tipp richtig und Bayern gegen Hoffenheim hatte ich fast!

V: Oh Gott, es hat dich interessiert! Es hat dich nicht gelangweilt! Das ist nicht gut. Ich seh uns schon in 20 Jahren mit unserem Sky-Abo, jeden Samstagnachmittag... Oh Gott, das ist gruselig!

Ich: Ach, jetzt hättest du dein Hobby gerne wieder für dich allein, oder wie?

V: Irgendwie schon.


Und wir küren wieder den

Spieler des Tages: Angelos Charisteas.

Was ich über ihn weiß: Mehr als über jeden anderen Spieler. Grieche. EM-Torschütze, EM-Gewinner, Ex-Bremer, Spitzname "Harry", vergangene Saison nach Leverkusen ausgeliehen, gilt als überschätzt, wird in Nürnberg ausgepfiffen, hat aber auch Unterstützer im Netz.

Wie V. ihn findet: Freundet sich langsam mit ihm an, ist aber weit davon, ein Harry-Fan zu werden. Ist aber gerührt, wenn Menschen stundenlang durch Athen irren, nur um sich ein Charisteas-Nationaltrikot kaufen zu können, mit dem sie V. dann beeindrucken wollen.

Warum Spieler des Tages: V. wollte heute keinen Spieler des Tages küren. Ich schon. Und Charisteas hat immerhin das Nürnberg-Tor vorbereitet.

Weitere Fakten: Ich denke, nicht nur für mich hat Charisteas fast unheimliche Ähnlichkeit mit einer Spitzmaus.

31.7.09

Der Mittelfuß

Gestern abend hüpfte ein schmerzverzerrter Steven Gerrad vor mir auf einem Bein durch die Wohnung. Es war natürlich nicht Steven Gerrad, sondern V., im Liverpool-Trikot mit Nummer. Aber das tut hier nichts zur Sache. Viel wichtiger ist: V. hüpfte, denn er war verletzt. Ist es immer noch. Hat die Bänder/Sehnen am linken Mittelfuß überdehnt, beim Volleyball. Ganz typisch, sagte die Ärztin, und verpasste V. einen hübschen Tape-Verband:

V. leidet. Er kann nicht auftreten. Ihm war den ganzen Tag langweilig. Der Fuß tut weh. Aber, und so kenne ich ihn, er schöpft auch Kraft aus dieser Verletzung.
Er sagt: "Eigentlich cool. Erst ein Muskelfaserriss, wie der Vittek (mehr hier), jetzt der Mittelfuß, wie Mintal. Lass ich mir also doch 'Mintal' aufs neue Trikot drucken."
Wobei sich Marek Mintal ja den Mittelfuß gebrochen hat, sogar zweimal, was wir jetzt mal keinem wünschen wollen. Aber ich bin froh, dass das die Sache mit dem Trikot, der Nummer und dem Namen nun auch geklärt ist.

Saisoneröffnung

Was soll ich sagen - ich war dabei, sie haben verloren. 0:2 gegen die Glasgow Rangers.

Nein, ich fühle mich nicht schuldig. Erst nächste Woche gilt's und da weiß ich schon, wo mein Platz ist. Obwohl ich den im Stadion, Block 41, Reihe 6, Platz 2 mit Blick auf den schönsten Trainer der Bundesliga wirklich gut fand:




In Verbindung mit einem kleinen Snack ein gelungener Nachmittag! Und jetzt auf in die erste Bundesliga!!!


Urlaubs-Impressionen

Ein gelungener Urlaub für V. ist ein Urlaub mit Stadion-Besuch. Siehe unsere Reise nach Liverpool (mehr hier) vor zwei Jahren. Kurze Abstecher im Club-Trikot zählen übrigens auch. Diesmal sind uns drei gelungen:



FC Carl-Zeiss Jena, Ernst-Abbe-Sportfeld:










Hamburger Sportverein - HSV, inklusive Besuch des HSV-Museums und des Trainings mit Bruno Labbadia:









FC St. Pauli, Millerntor, Hamburg


Ich geniere mich zwar immer noch ein bisschen, wenn er das Club-Trikot aus dem Rucksack holt und überzieht, ich bin immer ein bisschen beunruhigt und glaube, militante Fans beschimpfen uns gleich, und mir ist es auch ein bisschen peinlich, vor allem, wenn V. sich am Millerntor über Pauli aufregen muss - aber ich werde es schon noch lernen, da bin ich ganz sicher.

3.6.09

Anmelden.

Gestern hat sich V. endlich um seine Aufnahme in den 1. Fußball-Club Nürnberg (1. FCN) bemüht. Als ich nach Hause komme, hält er mir den ausgefüllte Aufnahmeantrag vors Gesicht. Seit dem Pokalsieg vor zwei Jahren liebäugelt er mit diesem Antrag, kündigte ihn immer wieder an, hatte ihn sogar schon einmal ausgefüllt, und dann doch wieder einen Rückzieher gemacht.

"Fällt dir was auf?", will V. wissen.

Nö.

"Schau mal auf 'Gewünschtes Eintrittsdatum'."

Ah, unser erster Hochzeitstag. Schön. 

Ich bin sehr gerührt und sehe das "Gewünschte Eintrittsdatum" auch als Zeichen der Wiedergutmachung dafür, dass V. beim letzten Hobby-Fußballspiel seinen Ehering verloren hatte. Glück für V. - ein Mitspieler hat ihn gleich wieder gefunden. 

V. ist trotzdem traumatisiert, hat aber mittlerweile davon gehört, dass man auch einen Ehering beim Sport ablegen darf. Ich nehme an, dass die Profis das so machen. Man stelle sich vor, Michael Ballack riefe während eines Länderspiels plötzlich "Stoooop! Keiner bewegt sich! Mein Ehering!" - und dann robben alle auf den Knien über den Platz und tasten den Rasen nach Ballacks Schmuck ab. 

Man kann den Ring aber auch abkleben, sagt T.

1.6.09

Aufsteigen.

Am Morgen danach will sich V. ein Michael-Oenning-Bärtchen rasieren, dem Aufstiegs-Trainer zu Ehren. Hat er dann aber doch nicht gemacht.

Stattdessen sind wir nach dem Spiel durch das fränkische Dorf E. gelaufen, wo es, wenn ich richtig gezählt habe, acht Trampolins gibt, mindestens 20 Franken-Fahnen (inkl. Fahnenmast) und geschätzte 50 Club-Fahnen -letztere wurden minütlich mehr, weil ein Club-Fan gerade vom Spiel zurück gekommen war und neue Club-Fahnen verteilte.

Wir trafen ihn, als er damit gerade eine Familie beglückte, die vor ihrem Neubau grillte und dabei "Die Legende lebt" hörte. Es war großartig.

Wir schauen also beglückt in die Zukunft und in die erste Liga, wir stellen fest, dass das Kind von Club-Fan K. und seiner Frau A. von Geburt an erstklassig sein wird (Termin ist Anfang August), und dass für die Begegnung FC Bayern - FCN schon erste Anfragen bei uns eingetroffen sind. Natürlich werden wir so schnell wie möglich versuchen, Karten zu bekommen.

Und ja, ich werde dabei sein. Jetzt, wo der junge B., Bayern-Fan aus O., noch immer traumatisiert von unserem gemeinsamen Besuch eines völlig unbedeutenden Länderspiels vor zwei Jahren, mich davon abhalten wollte, erst recht.

28.5.09

Relegation (2)

Schneeeell", ruft V. "Fotoapparat her! Du musst den Videotext fotografieren!!!" Klar, wird gemacht.
















Dann muss V. Glückwunsch-Telefonate entgegen nehmen.


Relegations-Rausch. 3:0 in Cottbus, Aufstieg so gut wie sicher ("ohohoh, jetzt steht's im Blog", oraktelt V.), V. total aufgedreht.

Mehr gibt es nicht zu sagen.

Relegation (1)

Aus gegebenem Anlass: Bitte Daumen drücken, in 45 Minuten wird angepfiffen.

Aber vorher noch die Ergebnisse der Clubundich-Umfrage:

"Ja, der Club steigt auf", sagten 45 Prozent.

"Das geht in die Relegation", prophezeiten ebenfalls 45 Prozent.

"Nein, die verbocken das", erdreisteten sich neun Prozent zu behaupten, was bei 11 Teilnehmern genau eine Person war, die jetzt froh sein kann, dass es eine anonyme Abstimmung war. Denn natürlich hat V. gefragt, ob man nicht doch herausfinden könnte, wer und wie und na ja... 

Wer Recht behält, erfahren wir am Sonntag. Bis dahin bitte Daumen drücken!!!

15.5.09

Alles abstimmen!

Lieber Club-Fan,

es wird interaktiv: Bitte nimm an der Umfrage rechts teil. Steigt der Club wieder auf? Oder schrammt er haarscharf vorbei an der ersten Liga?

Keine Angst - die Umfrage ist anonym. V. wird und kann nie erfahren, wie wer abgestimmt hat. Falls also jemand nicht an den sicheren Aufstieg glaubt, kann er das hier kundtun, ohne befürchten zu müssen, von V. mit beleidigter Nichtachtung gestraft zu werden.

Also los!

14.5.09

V. über... Musik

U. möchte auch mal im Blog vorkommen, und ich werde hier eine Ausnahme machen und ihm den Gefallen tun, denn er hat uns diese Woche nämlich zu seinem Konzert eingeladen.

Wir ließen also das Topspiel Bayern gegen Bayer sausen und waren froh, dass der Club erst am folgenden Tag dran war, sonst hätten wir leider absagen müssen.

Also gingen wir ins Konzert. Man muss dazu wissen: U. spielt Bratsche, er hat das sogar studiert (kennt sich aber auch mit Fußball aus). Bei der Musik handelte es sich um so genannte "Neue Musik". Es war recht abgefahren, nicht schlecht, aber wenig eingängig, es blieb irgendwie nichts hängen.

Hinterher diskutierten V. und ich, ob wir nun Banausen waren oder uns einfach zu wenig auskannten, um dieses Konzert wirklich zu würdigen.

V. fand, wir wissen zu wenig über Neue Musik, um sie wirklich beurteilen zu können oder sogar gut zu finden.

"Im Fußball ist das genauso. Wenn du wenig Ahnung hast, ärgerst du dich über ein torloses Unentschieden. Du bist gefrustet. Aber wenn du dich mit Taktik auskennst, wenn du weißt, was guter Fußball ist, dann findest du ein taktisch gutes, torloses Unentschieden total geil."

Als ich sagte, er könne nicht immer alles mit Fußball erklären, war er etwas beleidigt.

9.5.09

Gedanken zum Derby

Morgen spielt der Club gegen Fürth. Zum 253. Mal seit 1902.

"Das ist die Mutter aller Derbys!", sagt V.

"Aber 'Derby' ist doch ein Neutrum, da kann es doch keine Mutter sein", wage ich einzuwenden.

"Es ist aber so", sagt V.

Was man jetzt bräuchte, wäre ein Sprachwissenschaftler.

"Michael Oenning und Benno Möhlmann kommen übrigens beide aus dem Münsterland und haben beide Germanistik studiert", doziert V.

"Wer ist denn Benno Möhlmann?", frage ich.

"Na, der Trainer von Fürth." Ach so.

V. weiter: "Und beide haben Germanistik studiert! Da hätte aus dir auch noch ein Fußballtrainer werden können!"

"Aber ich hab doch Germanistik nach einem Semester abgebrochen", informiere ich ihn. Nicht ohne einen Schein in Sprachwissenschaft gemacht zu haben, um das hier der Vollständigkeit halber mal zu erwähnen.

"Egal", sagt V. "Das hätte gereicht."

21.4.09

V. spielt selbst (4)

Zwei Stunden danach:
V. hat einen hochroten Kopf und schwärmt T. am Telefon vor, dass alles super war. Der hat gerade 4:0 gewonnen und kann nur noch lallen: "Magnesium! Gegen den Muskelkater!" Klar, Magnesium. Haben wir natürlich da. Und ist in T.s Asbach-Cola hoffentlich auch drin. Der Stürmerstar hat nämlich auch ein Tor gemacht. Es wurde sogar gezählt.

Sechs Stunden danach:
V. tut alles weh. Der Körper, allen voran die Beine. Die Seele auch. "Fünfzehn Jahre vergeudet", seufzt er abends im Bett. "Wenn ich die letzten fünfzehn Jahre gespielt hätte, wie fit wär ich da jetzt." Na ja, aber Nationalspieler wäre er wohl trotzdem nicht. Aber vielleicht in einem Verein. So richtig. Jetzt ist es halt der Englische Garten.

Vierzehn Stunden danach:
V. konnte nicht gut schlafen, weil ihm die Beine so weh getan haben. Will sich ein Buch über Ausdauertraining kaufen. Muss unbedingt was machen.

Fünfzig Stunden danach:
Beide Schienbeine tun ihm wirklich echt weh, obwohl es nur sehr kleine Wunden sind. Sieht aber auch ein bisschen geschwollen aus. Hoffentlich ist es keine Muskelentzündung oder so, sagt V. der ewige Hypochonder.

Und dass das bis zum Wochenende wieder weg sein muss, bis zum nächsten Spiel.

Ach ja, und Club hat natürlich auch gewonnen. Und ist Zweiter.

V. spielt selbst (3)

Kurz vor dem Spiel:
Aufmunterungsanruf von T. Der Chancentod hat selbst gleich ein Spiel (Dritter gegen Vierter) und vergangenen Sonntag einige sichere Tore nicht gemacht. Aber er findet nette Worte für den Neufußballer.

Das Spiel:
Es sind ungefähr zehn, sie kennen sich kaum, und vom Spielfeldrand aus kann man nicht ausmachen, wer zu welcher Mannschaft gehört. Links und rechts spielen andere Hobby-Mannschaften. Eine Flasche Sekt ist zu wenig für sechs Spielerfrauen, auch wenn eine davon schwanger ist (die natürlich Limo getrunken hat). Ein Spieler trägt ein Liverpool-Trikot mit "Gerrad" auf dem Rücken. Ist aber ein altes, sagt V. Fast alle haben Fußballschuhe, die aussehen, als hätten sie die schon länger. Außer V. kenne ich noch drei Spieler, wovon zwei sehr agil sind. Also agiler, als ich dachte, und vor allem agiler als V. Der hält sich in der ersten halben Stunden sehr oft die Seite, oder lässt den Oberkörper nach unten durchhängen. Das habe ich natürlich nicht fotografiert. Sondern das:

















Er schießt ein Tor. Es wird nicht gewertet, weil alle der Meinung waren, der Ball sei "zu hoch gewesen". Da es statt Toren Fahrräder und Rucksäcke gibt, muss man sowas halt schätzen.

V. freut sich trotzdem über das Tor. Er hat Seitenstechen. Die Schuhe sind super, sagt er.

Die zweite Halbzeit läuft besser und V. ist in der Siegermannschaft (7:5) und hat eine Verletzung am Schienbein.




















Nächstes Mal mehr Sekt und Sonnencreme.

V. spielt selbst (2)

Einen Tag vor Spielbeginn:
Einkaufen mit V. ist super, wenn er weiß was er will. Heute weiß er, dass er ins Sportgeschäft gehen und Kaiser 5 kaufen will. Genau das tut er und nach fünfzehn Minuten und zwei Anproben (46? 47?) wünscht ihm die entzückende, blutjunge Verkäuferin sogar noch "Viel Spaß beim Spielen". Mei, dass er das noch erleben darf, mit 33.

Auf dem Heimweg erzählt er mir, dass manche Leute in den Foren raten, sich mit den Schuhen in die Badewanne zu legen, damit sie sich optimal dem Fuß anpassen. Ich traue ihm alles zu.
Die Schuhe sind übrigens sehr schick. Sehr retro.














Zu Hause mache ich eine Waschmaschine mit allen roten Klamotten fertig. Während ich ein Nürnberg- und zwei Liverpool-Trikots aufhänge, frage ich: "Welches Trikot ziehst du denn morgen an?"

V: "Woher willst du wissen, dass ich ein Trikot anziehe? Vielleicht nehm ich auch ein T-Shirt."

Zwei Stunden vor Spielbeginn:
Ich: "Warum ziehst du nicht das Liverpool-Trikot an?"
V: "Ach, ich weiß nicht, das ist vielleicht schon ein bisschen angeberisch. Ich weiß ja nicht, was die anderen dann denken... Das Nürnberg-Trikot ist schon besser."
Genau. Fränkische Bescheidenheit demonstrieren, kommt immer gut.

Ich hole den Sekt aus dem Kühlschrank und packe ihn zu den Plastikbechern im Rucksack. Ich werde zusammen mit anderen Spielerfrauen auf das Spiel anstoßen. V. ist das nicht recht.

Eine Stunde vor Spielbeginn:
V: "Ich bin so aufgeregt. Ich bin so aufgeregt. Die spielen bestimmt alle besser als ich. Oh Gott. Ich hab ja schon so lange nicht mehr gespielt. Also eigentlich noch nie so richtig. Ich bin so aufgeregt. Hoffentlich ist da kein wirklich guter dabei. Weißt du noch, ich hab mal mit diesen Pharmazeuten gespielt, und da war ehemaliger Landesligaspieler dabei, das macht einfach keinen Spaß, ach, ich bin so aufgeregt..."

Im Radio spielen sie "Let it be".

Ich: "Ist das jetzt ein Zeichen, dass du es lieber sein lassen solltest?"

V: "Auf keinen Fall. Ich seh das positiv. Die Beatles kommen ja aus Liverpool, das wird also auf jeden Fall gut."

Weil V. körperlich fürs Radfahren nicht gemacht ist (heißt, V.s Körper fährt nicht gerne Rad), nehmen wir den Bus in den englischen Garten.

19.4.09

V. spielt selbst (1)

Vor vier Monaten:
Auf einer Party kurz vor Weihnachten stehen Männer Ende zwanzig, Anfang dreißig herum. Sie trinken Bier, sie reden über Fußball im Allgemeinen, über bestimmte Vereine im Besonderen. Ein Mainzer ist dabei, ein Köln-Fan, einige andere und natürlich V. Die anwesenden Frauen beobachten die Männergruppe amüsiert, stoßen mit Baileys an und reden über Kindererziehung.
Plötzlich sind die Männer ganz aufgeregt, sie rufen wild durcheinander, die Frauen hören nur verzerrte Laute, die sich anhören wie "Ja, das machen wir!" oder "Davon hab ich schon immer geträumt!" und "Wir fangen spätestens im Februar an!" Die Männer stoßen mit Bier an, sie umarmen sich, ihre Gesichter strahlen wie die kleiner Jungs an Weihnachten und die Frauen sind ein bisschen neidisch. Auf den Moment der vorbehaltlosen Zusammenrottung, des ungeniert geteilten Glücks miteinander warten sie noch. "Wollen wir nicht mal zusammen ins Kino gehen?", fragt eine, während die Männer beschließen, eine Hobby-Fußball-Gruppe zu gründen. Wenn es schon nie für den Vereinsplatz daheim gereicht hat, im Englischen Garten spielen können sie alle mal.

V. sagt, dass er sehr glücklich ist und Fußballschuhe kaufen muss.

Vor ungefähr zwei Monaten:
Der Spielbeginn wird erst einmal verschoben, im Februar ist es einfach noch zu kalt.

Vor zwei Wochen:
V. berät sich ausführlich mit T. Dieser - Stürmerstar, Schwalbenkönig, Chancentod - thematisiert natürlich erst einmal die Ausrüstung. "Du kannst klar billige Fußballschuhe kaufen, so für dreißig, vierzig Euro" - V. verzieht das Gesicht, er ist ein überzeugter Markenjunkie - "aber du willst bestimmt die Adidas Kaiser 5. Das sind super Schuhe." Ende der Werbesendung. V. macht sich im Internet noch ein bisschen schlau - es gibt Foren zu Fußballschuhen, wen wundert's noch - und ist natürlich überzeugt. Nur ob der Name "Kaiser" auf Franz Beckenbauer zurück geht, kann er mir nicht sagen.

18.4.09

Romantik.

In der Samstags-Seite-3-Reportage sagt Rosamunde Pilcher heute, dass Leidenschaft keine gute Basis für eine Ehe sei. Respekt und Pragmatismus - mit diesen Grundsätzen könne man gemeinsam alt werden und mit diesen Grundsätzen war Mrs Pilcher auch 62 Jahre verheiratet.

Nachdem ich diese Zeilen gelesen habe, lausche ich pragmatisch V.s Lesung aus dem heutigen Sportteil über die Jugendförderung des FC Bayern, warum dessen Talente jetzt alle woanders spielen und warum Misomovic unter 80 Kilo bleiben sollte.

"Ach", seufze ich in einem Anfall von leidenschaftlichem Pragmatismus. "Ich freu mich schon drauf, mit dir alt zu werden."

V. überlegt kurz.

"Oh ja", sagt er. "Dann haben wir ein Haus und schauen den ganzen Tag englische Liga!"

Im Übrigen kann der Club morgen Zweiter werden. Also Daumendrücken.