16.5.14

Dem Himmel so nah.

Vor zwei Tagen, ich hatte schon die Jacke an und wollte aus dem Haus, klingelt das Telefon. 0800er Nummer, das verheißt eigentlich nichts Gutes. Bestenfalls ist es jemand von Infratest Dimap, der mir nach einer halben Stunde über das ökologische Engagement von Firmen wie BMW oder Eon (ohne Scheiß, ist mir passiert), endlich die Sonntagsfrage stellt.

Aber - wie schön - es ist die Deutsche Telekom.

Die Älteren unter euch werden sich noch erinnern, wir hatten vor drei Jahren dorthin unsere Seele verkauft, weil der V. unbedingt LigaTotal haben musste. Das ging zwei Jahre lang gut, bis die Telekom die Bundesliga-Rechte verlor und ein Jahr lang das Zeug von Sky senden durfte.

"Guten Tag, ich bin die Frau Ö. von der Telekom. Sie haben ja die Bundesliga über unseren Kooperations-Partner Sky empfangen und vielleicht unseren Brief gelesen, dass diese Kooperation zum 30. Juni endet..."

Brief? Welcher Brief?

"Oh, das ist aber schade", sage ich. Der V. sieht mich mit Telefon am Ohr im Flur sehen und formt mit den Lippen den Satz "Wer isn da dran?", aber ich reagiere nicht.

"... freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir die Kooperation um zwei Jahre verlängert haben", sagt Frau Ö. in dem Moment. "Für nur 19,90 Euro im Monat. Sind Sie dabei?"

"Hmmm...", ich überlege. "Ist das auch mit zweiter Bundesliga?"

Der V. schaut: alarmiert.

Frau Ö: "Wieso?"

Ich: "Na ja, wir haben uns damals für LigaTotal entschieden, um unseren Verein zu sehen. Nun ist der abgestiegen und wenn wir über die Telekom keine zweite Bundesliga sehen können, erübrigt sich für uns dieses Abo."
(Mist, hoffentlich denkt sie jetzt nicht, wir wären Braunschweig-Fans.)

Frau Ö: "Moment, ich kläre das."

V: "Wer ist das? Warum zweite Bundesliga? Ist das die Telekom?"

Ich deute ein Nicken an.

Frau Ö: "Hören Sie, hier bin ich wieder. Also, das ist inklusive zweiter Bundesliga."

Ich: "Dann nehme ich das."

Frau Ö: "Ist sogar mit Sky Premium HD für 12 Monate umsonst. Filme und so."

Ich: "Mach ich."

V. läuft hektisch hin und her.

Frau Ö: "Und mit Sky Go, dann können Sie das auch auf mobilen Geräten sehen."

Ich: "Oh, da haben Sie meinen Mann gerade sehr glücklich gemacht."

V. verlässt den Raum.

Dabei kommt jetzt der romantische Teil.

Frau Ö: "Zur Qualitätssicherung zeichne ich das Folgende jetzt auf. Sie abonnieren also Sky Bundesliga für 24 Monate..."

Ich: "Ok."

Frau Ö: "Sie müssen Ja sagen, das ist wie auf dem Standesamt."

Ok. Ja, ich will. Und der V. auch.


26.1.14

Bremen vs. Braunschweig oder: Wo spielen die Frauen?

In Bremen glitzert weiß der Rasen, in München schiebt sich das Fräulein ein Käsebrötchen in den Mund - ihr bevorzugter Fußball-Snack.

Es ist Sonntag, es ist Mistwetter, es ist Bremen gegen Braunschweig, Not gegen Elend, wir haben nichts besseres zu tun.

Fräulein: Wo ist der Schiedsrichter?

Ich: Keine Ahnung, seh ich gerade nicht.

Fräulein: Na, da ! (Zeigt auf den Schiedsrichter.)

Ich: Und was macht der?

Fräulein: Na, pfeifen.

Pause. Fräulein mümmelt Käsebrötchen.

Fräulein: Wann kommt Kopfball?

V.: Keine Ahnung, nicht so oft. Deshalb heißt es ja Fußball.

Fräulein: Aha.

Pause. Käsebrötchen.

Fräulein: Spielen da die Frauen?

V.: Nein, das sind die Männer.

Fräulein (heult): Och Mann, warum spielen die Männer? Ich will die Frauen!

25.1.14

Hoffenheim oder: Starr vor Freude

Der Stürmerstar ist jetzt knapp neun Monate auf der Welt. Seitdem hat der Club zwei Mal gewonnen. Einmal, als der Stürmerstar neun Tage alt war. Und einmal heute.

Dazwischen: Unentschieden. Niederlage. Unentschieden. Unentschieden. Unentschieden. Niederlage. Unentschieden. Unentschieden. Nicht gegebene Tor, unmögliche Schiedsrichterentscheidungen. Schlimmer: Der Club spielte auch noch gut.

Für den Club-Fan ist das kaum zu ertragen: Normalerweise kann er sich in der Spirale aus Niederlagen und Unentschieden noch damit trösten, dass die Mannschaft einfach schlecht war. Der Glubb is a Depp und so weiter. Aber da war von Deppen eben keine Spur.

Der Tag heute aber stand unter einem gute Stern: Das Fräulein tanzte schon morgens durch die Wohnung und sang dazu "Ich würde nie zum FC Bayern München gehen", der Stürmerstar bekannte sich zum Club und trug einen Latz von dessen Sponsor:


("Berti" hat aber meines Wissens nichts mit Berti Vogts zu tun.)

Nach dem Spiel sah ich den V. wie erstarrt auf dem Sofa sitzen. Im Fernsehen schwenkte die Kamera kurz zu Martin Bader. Dessen Gesichtsausdruck sah auch eher nach 3:0-Rückstand als nach 4:0-Sieg aus. Ich sage es ja immer: Bei Siegen kennt der Club-Fan gar keine gewohnten Verhaltensweisen, die er einfach abrufen könnte.
Vielleicht wird das ja noch was. Immerhin ist der Trainer jetzt wieder glatt rasiert - und bleibt es auch.

Vor Weihnachten wurde mir übrigens erklärt, für was NKD steht: Noch Kein Dreier.

Aber das hat sich jetzt ja erledigt.

30.10.13

Dumm tippt gut.

Jedes Jahr, spätestens im Mai, schwöre ich mir, es nie wieder zu tun. Ich schwöre mir hoch und heilig, nie wieder auf Fußballergebnisse zu tippen. Ich glaube, viele Menschen tun das. Und melden sich dann doch im August brav wieder bei Kicktipp an und lassen dem Verderben ihren Lauf.

Das hat natürlich ein bisschen mit dem Suchtfaktor des Tippens zu tun, mehr mit dem Glauben an das Unmögliche (der Club MUSS gegen den HSV gewinnen, dann wär der Tagessieg drin!), ganz viel mit Co-Abhängigkeit (Bitte mach mit bei unserer Tipprunde, wir sind doch nur zu fünft!), ein wenig mit dem ewigen Wettbewerb (wer möchte sich nicht mit Leuten wie "AxelF", "Kaiser Franz" oder "Walter Baresel" ein Kopf-an-Kopf-Rennen am letzten Spieltag liefern) und am allermeisten mit der glorreichen ersten Saison.

Die Regel der glorreichen ersten Saison besagt: Wer zum ersten Mal in seinem Leben an einer Fußball-Tipprunde teilnimmt, wird diese gewinnen. Je weniger Ahnung der-/diejenige von Fußball hat, desto wahrscheinlicher  der Gewinn.

Mir ist das selbst im Jahr 2004 während der Europameisterschaft passiert und ich schwöre, ich wusste damals nicht mehr als den Namen des Bundestrainers.

Es gab eine Tipprunde im Freundeskreis, natürlich geleitet vom V. (damals hat man das noch über Excel-Listen organisiert), und ich hatte auf die ganze Tipperei natürlich keine Lust.

Bis die Griechen - und ich schwöre, ich habe nicht gesehen, wie schlecht die spielten - ihr erstes Vorrundenspiel gewannen. Um den V. zu provozieren sagte ich: "Du wirst sehen, die werden noch Europameister."

Hat er mich ausgelacht und um einen Kasten Bier gewettet, dass das nicht eintreten wird. Ich habe die Wette angenommen und in der Tipprunde immer auf Griechenland getippt. Jeder weiß, was dann passiert ist. Am Finaltag habe ich mich sehr gefreut. Es war eine einsame Freude, aber gut.

Seitdem tippe ich und das natürlich jedes Jahr schlechter. 

Das liegt zum Einen daran, dass ich mich jetzt natürlich besser auskenne. Ich weiß, die Bayern werden wahrscheinlich wieder Meister und Fürth steigt gleich wieder ab. So tippen aber alle, damit gewinnt man keinen Blumentopf. Den kriegen die Dummen, die dann auch mal auf Sieg Fürth tippen, obwohl das doch eigentlich nicht sein darf und kann, aber das wissen die ja nicht.

Zum Anderen hat es natürlich damit zu tun, dass ich gewisse Gefühle für einen Verein hege. Da ist ein Tipp dann nicht nur ein Tipp. Er ist ein Wunsch, ein Traum, der Glaube an eine bessere Welt. Also tippe ich natürlich 5:0 für den Club und nicht für den HSV. Ich tippe ein optimistisches 2:1 gegen Stuttgart, aber doch kein Unentschieden. Ich tippe nie Unentschieden bei Club-Spielen, höchstens, wenn sie gegen die Bayern spielen. Jetzt wisst ihr, warum ich in meiner aktuellen Tipprunde auf dem letzten Platz liege. 

"Du musst das tippen, was rauskommt, nicht das, was du dir wünschst", sagt der V. und zeigt mit seinem Tipp doch auch nur seinen unerschütterlichen Glauben an eine bessere Welt. Trotzdem steht er in seiner Tipprunde besser da, letztes Jahr hat er sie sogar gewonnen.

Vielleicht tippe ich jetzt einfach mal alle Spiele im Voraus und immer 2:1. Das ist total unromantisch, aber ich habe gehört, "Kaiser Franz" fährt damit ganz gut.

20.9.13

Grundsätzliches zu Ballsportarten

Im Prinzip kann der Fußball froh sein, dass ich mich ihm widme und das auch noch in dieser Ausführlichkeit, denn ich hab's eigentlich so gar nicht mit Ballsportarten. Noch nie gehabt. Ich bin außerdem nicht sportlich, noch nie gewesen. (V. sagt, Yoga zählt nicht.)

Das fing im Kindergarten schon an, wo ich mich erschrocken wegdrehte, wenn mir einer einen Ball zuwarf. Gegen diesen Reflex muss ich beim Ballspielen mit dem Kind heute noch ankämpfen. Ich weiß, fangen wäre eine Alternative. Aber fangen muss man können. Man muss dem Ball entgegen gehen, sich ihm eventuell sogar entgegen werfen, die Hände ausstrecken womöglich. Hat man sich dann wider besseren Wissens dafür entschieden, muss man es schaffen, den Ball möglichst elegant in die Finger zu bekommen. Das ist mir in 34 Jahren noch nicht gelungen. Denn ich habe ja "Angst vorm Ball", wie es meine Kindergärtnerin anno 1983 trocken auf den Punkt brachte, ich muss, während ich versuche zu fangen, auch noch die Augen zukneifen, den Kopf zurück werfen und mich mit dem ganzen Körper gegen den Ball wehren. Derweil springt er mir dann unschön aus den Händen und es sieht nach lustiger Zirkusnummer aus.

Meine andere Zirkusnummer heißt "Werfen" und ist eine von ungefähr 245 Unterarten des Schulsports, die ich hasse. Ich habe mich in 13 Jahren Schulsport auf mindestens 245 Arten zum Affen gemacht. M., heute eine gute Freundin von mir, wollte jahrelang nicht mit mir befreundet sein, weil sie mich nur vom Schulsport kannte und da war ich peinlich. Ein spindeldürres Kind mit guten Englischnoten, das den Ball genau hinter sich warf anstatt mindestens 20 Meter nach vorne, das am Reck hing wie ein nasser Sack, am Barren verweigerte und beim Laufen zum Schluss ins Ziel kam, nach der dicken Heidi und der molligen Steffi.

Mit der dicken Heidi und der molligen Steffi bildete ich außerdem ein schicksalhaftes Dreiergespann, wenn für so unsägliche Spiele wie Volleyball oder Basketball Mannschaften zusammen gestellt werden mussten - meistens von den Obersportlichen mit den schlechten Englischnoten (das sind die, die später Sport und Anglistik auf Lehramt studieren werden). Meistens blieb ich alleine hocken und wer zum Schluss mit Auswählen dran war, musste mich halt nehmen, im Gegensatz zu mir waren die zwei anderen das kleinere Übel.

Kurz vor dem Abitur hat ein sehr engagierter Referendar versucht, mich beim Volleyball zu motivieren - aber da war einer in der gegnerischen Mannschaft, auf den ich ein Auge geworfen hatte, da mach ich mich doch nicht zum Affen.

Nach der Schule begann für mich die glorreiche sportfreie Zeit, ich traf neue Leute, die mich noch nie beim Schulsport gesehen hatten und die dachten, ich wär schon sportlich, ich sah ja irgendwie so aus. Nur einmal habe ich den Fehler gemacht, mit Freundinnen aus dem Studium zum Sport zu gehen, Tae-Bo hieß der Quatsch, und ich werde nie das Entsetzen in ihren Augen vergessen, als ich neben ihnen versuchte, irgendwie diese Bewegungen in der richtigen Reihenfolge und Schnelligkeit hinzukriegen.

Mit Ballsportarten hab ich es auch noch einmal versucht, beim einem Spaßvolleyball-Turnier in der Heimat, da hat mir der V. (als Mitglied der gegnerischen Mannschaft) den Ball ins Gesicht gedonnert (unabsichtlich) und mein Vater (als Mitglied meiner Mannschaft), hielt es für nötig, mir vor sehr vielen Menschen sehr laut und ohne Pause zu erklären, wie man richtig Volleyball spielt.

Danach habe ich beschlossen, mich nie wieder zum Affen zu machen.

Und das alles fiel mir wieder ein, als der V. und ich letzten Freitag das Volleyball-Halbfinale der Frauen sahen (Deutschland gegen Belgien). Da war mein ganzes Kindheitstrauma im Fernsehen. Eine Sporthalle. Gummiboden. Ein Ball. Sportliche Frauen. Sportliche Frauen mit schlechten Englischnoten, die Frauen wie mich mobben, die lachen, wenn ich am Reck hänge wie ein nasser Sack, die lieber die dicke Heidi in der Mannschaft hätten als mich.

Der V. fand es spannend, ich hätte mich lieber weiter durch Hertha gegen Stuttgart gelangweilt. Und da wusste ich auch, warum Fußball die einzige Ballsportart ist, die ich gerne gucke. Weil die so viele Menschen schauen, die das a) nie selbst gespielt haben und b) auch gar nicht können. Und da ist das völlig wurscht.

(Und wahrscheinlich hat es auch damit zu tun, dass Fußball im Sportunterricht der Mädchen nie eine Rolle spielte. Danke Fußball, wegen dir musste ich mich nie zum Affen machen.)

9.8.13

Unterhaching, oder: Wie damals in Barcelona

Der V. und ich sind nicht unbedingt dafür gemacht, Fußballstadien, egal welcher Größe, egal in welchem Land, auf Anhieb zu finden.

Das zeigte sich schon damals in Barcelona.

Wir wollen also nach Unterhaching fahren, um uns ein Spiel des Clubs gegen die Spvgg anzusehen. Keine große Sache, ein kleines Testspiel in einem kleinen Stadion, die Kinder sollen natürlich mit. Es ist für sie das erste Mal in einem Stadion, es ist nicht das Frankenstadion, aber Spieler des FCN werden sich auf dem Rasen befinden, die Kinder werden noch ihren Urenkeln davon erzählen.

Die Kinder sind knapp drei Jahre (das eine) und neun Wochen (das andere) alt.

Das Fräulein ist mäßig begeistert von der Aussicht auf Fußball (sie kennt Fußball im Zusammenhang mit Fernsehen und will schon auf dem Sofa Platz nehmen), lässt sich aber damit ködern, dass wir S-Bahn fahren werden. S-Bahn fahren steht bei ihr hoch im Kurs, unser zukünftiger Schwiegersohn gibt täglich im Kindergarten damit an, dass er ja S-Bahn fährt. Von Baierbrunn in die Stadt. Und zurück. Das Fräulein will nach Baierbrunn fahren. Wir lassen sie in dem Glauben.

Der Stürmerstar hat noch keine Meinung und noch keine Ansprüche an Fortbewegungsmittel oder Ziel,  er weiß auch noch nichts von den Erwartungen, die da in seine Zukunft gemalt werden. Aber seinen zukünftigen Verein sollte er sich schon mal ansehen.
Im Stadion wird er mich, während die Unterhachinger Fans sehr laut den Ausgleich bejubeln, mit einem Blick ansehen, den ich als "Und was war das jetzt für eine Scheißidee, Rabenmutter?" interpretiere.

Wie das so ist mit Kindern, ob man nun über den Brenner reist oder nach Unterhaching, wir brechen zu spät auf.
Macht nix, sagt der V. Sind wir halt erst nach dem Anpfiff da.
Als wir an der Haltestelle stehen, fallen erstmal zwei S-Bahnen aus.
Macht nix, sagt der V. Eine Halbzeit kriegen wir auf jeden Fall mit.

Wir treffen sogar andere Clubfans, noch an der Haltestelle und später im Zug, das ist irgendwie bizarr in einer Stadt wie München, wo man glaubt, in Bayern-Trikots zu ersticken. Es sind auch nur fünf Club-Fans auf dem Weg nach Unterhaching, der V. schon mit eingerechnet und man erkennt sich natürlich am Trikot. Ohne V.s Leibchen hätten uns die Jungspunde in der Bahn auch nie angesprochen, warum auch. Sie sind alle drei so um die 14, einer total übermotiviert mit Fotoapparat und von Kopf bis Fuß im Fandress, ein Gemäßigter mit Schal, und ein blasierter Blonder, der aussieht wie Draco Malfoy und sich weigert, irgendwelche Fan-Sachen auch nur zu berühren.

"Fahren Sie auch zum Club?", ruft der Übermotivierte dem V. zu und ist kurz vorm Hyperventilieren. Für mich hat er einen irritierten Blick, als frage er sich, wie dem V. die Frau, das Kleinkind und das Baby wohl zugelaufen sind.

Ich lese auf Twitter, dass das Spiel 15 Minuten später angepfiffen wird, weil die Club-Mannschaft im Stau stand und hoffe, mir mit dieser Info zumindest beim kleinen Malfoy etwas Respekt zu verschaffen. Weit gefehlt, niemand hört mir zu. Vielleicht sind sie ja in einem Alter, in dem jede Regung eines weiblichen Wesens erfolgreich ausgeblendet wird - es könnte sich ja um eine Lehrerin handeln, die was zu binomischen Formeln wissen will, oder, noch schlimmer, die eigene Mutter, die einen auffordert, nach sechs Tagen doch mal die Socken zu wechseln. Und um Mädchen wird ja eh noch ein großer Bogen gemacht.

Als wir die S-Bahn endlich verlassen ist es fast halb fünf und unerträglich heiß. Die Jungspunde spuren auf einen Mann zu, der irgendwie einheimisch aussieht und was von "rechts rum" und "an der großen Straße entlang" sagt. Sie winken uns noch übermütig zu (na ja, Malfoy nicht) und verschwinden nach rechts.

"Da", sag ich zum V. "Zum Sportpark geht es links, ich seh schon das Schild."
Er ist skeptisch. "Der Typ hat doch gesagt, rechts rum."
"Aber hier ist doch das Schild."
"Aber der Typ... Und die Jungs, schau, da vorne laufen die..."

Ich weiß nicht, seit wann wir zwielichtig aussehenden Unterhachingern und hyperventilierenden 14-Jähirgen blindlings folgen, aber bitteschön. Ich weiß, mir wird sich auf dem Rückweg noch die Gelegenheit zu Rechthaberei bieten, also gut, rechts rum.

Wir laufen. Wir fragen nochmal. Wir laufen an einer sehr breiten, sehr stark befahrenen Straße entlang. Wir suchen den Himmel ab nach Flutlichtmasten, die irgendwo aus dem Häusermeer ragen, aber es dauert sehr lange, bis wir sie sehen. Sie scheinen kleiner als Flutlichtmasten anderer Stadien.
Bis dahin schlurfe ich genervt und schwitzend hinter V. her, der wiederum versucht, nicht genervt zu sein, um sich die Freude auf den Nachmittag nicht zu verderben.

Eine gefühlte Ewigkeit und einige Gedanken an Scheidung später, stehen wir wirklich vor dem Unterhachinger Stadion, irren noch etwas herum - wo sind die Eingänge, welchen nehmen wir, wo stellen wir den Kinderwagen ab.
Schließlich sitzen wir auf roten Plastikschalen, die erste Halbzeit ist fast zu Ende das Fräulein nuckelt beglückt an einer Flasche mit Apfelschorle und es kommt tatsächlich so etwas wie Feierlichkeit auf. Der Club führt 2:1.

Bei diesem Ergebnis wird es nicht bleiben, denn jetzt bin ja ich anwesend, da bricht der Club gerne mal  ein. Bald schießt Unterhaching den Ausgleich.

Immerhin bleibt Zeit für Historisches: Raphael Schäfer hält tatsächlich einen Elfmeter. Dafür haben sich die Strapazen dann wirklich gelohnt.

Der Rückweg zur S-Bahn ist ein sehr schöner Spaziergang durch grüne Wiesen, er endet an dem Schild, auf dem "Zum Sportpark" steht.

Die schreckliche fußballfreie Zeit...

...sie hat heute ein Ende! Alles auf Anfang, Neustart, wir drücken strg+alt+entf und steuern direkt auf die Meisterschale zu! Nun ja. Zumindest vergessen wir das DFB-Pokal-Debakel vom vergangenen Sonntag. Abgehakt. Wir wollten uns doch eh auf die Bundesliga konzentrieren, Nebenschauplätze stören da nur.

Und weil ab morgen alles wieder auf Anfang geht, geht's auch hier endlich weiter. Ich entschuldige mich für fast zwölf Blog-freie Monate und gelobe in dieser Saison einen Eintrag pro Woche. Ich hab doch Zeit, Elternzeit. Unser Fanclub hat sich nämlich am 33. Spieltag der letzten Saison schnell noch um ein Mitglied erweitert und ich darf stolz verkünden, dass sich der zukünftige Stürmerstar des 1. FC Nürnberg in unserer Mitte befindet!

Die Meisterschaft 2032/33, sie ist gerettet!

Doch bevor Zeitreisen möglich sind - kümmern wir uns erstmal um die Saison 2013/14. Wie schon im vergangenen Jahr, hier der Bundesliga-Fragebogen (via Anke Gröner) - der V. war recht wortkarg, musste nebenbei "Die Unbestechlichen" gucken.

Dein Verein heißt:

1. FC Nürnberg.

Wie lautet das offizielle Saisonziel, sofern es bekannt ist?

Mir ist nichts bekannt, aber ich tippe mal: Bloß nicht absteigen, bloß um die Relegation rumkommen. Und wenn's gut läuft, einen Platz in der ersten Tabellenhälfte halten. Und wenn's wirklich gut läuft, größenwahnsinnig werden und von der Euro-League träumen (heißt doch jetzt so, oder?).

V. sagt: 40 Punkte. Highlights setzen. (Er hat sich nicht unbedingt was neues ausgedacht.)

Wie lautet DEIN Saisonziel für deinen Verein?

Nicht größenwahnsinnig werden.

V. sagt: Europa-League.

Welchen Spieler hätte deine Mannschaft in der Pause lieber nicht abgegeben?

Almog Cohen. Weil ich den mochte.

V. sagt: Timmy Simmons. (Weil der einfach cool ist. Alt, aber cool.)

Welchen Spieler hätte deine Mannschaft besser verkaufen sollen?

Muss ich passen und zugeben, dass ich zu wenig Ahnung habe. (Der V. schimpft ja schon öfter über Pinola, aber der ist ja fast schon ein Club-Urgestein, den kann man doch nicht einfach verkaufen.)

V. schweigt.

Wen hätte deine Mannschaft diese Saison lieber NICHT gekauft?

Da Martin Bader selten was falsch macht, sage ich mal: passt alles. Es war zumindest schon lange kein Fehlgriff à la Charisteas dabei. Obwohl: Pogatetz? Jetzt echt? Weil jetzt alle einen Österreicher haben?

V. schweigt.

Wer von den neuen Spieler wird deiner Mannschaft am besten helfen?

Ginczek. Aber sowas von.

V. sagt: Ginczek.

Wie wirst du in dieser Saison deine Mannschaft unterstützen?

Brav mit Mann und Kindern vor der Glotze - zum Glück darf die Telekom noch Fußball zeigen, sonst wären wir längst bei der Konkurrenz. (Oder V. oben beim Nachbarn, die haben Sky.)

Wie findest du das neue Trikot deiner Mannschaft?

Schlicht und schön. Und der Sponsor, mei. Der hat halt so große Buchstaben.

V. sagt: Super.

Welcher Stürmer wird die Torjägerkanone holen?

Ach, die goldene Ananas? Mir egal, wenn's kein Bayer ist. (Wie kam ich eigentlich letztes Jahr auf Marco Reus?)

V. sagt: Lewandowski.

Welcher Trainer wird als erstes gefeuert?

Der Pep. Davon bin ich überzeugt. Ich sag nur: Klinsmann-Effekt. Ich hab deshalb auch mit dem V. gewettet. Um einen Kasten Bier.

V. sagt: Thorsten Fink. (Daran hat sich der HSV letztes Jahr auch schon nicht gehalten.)

Welche Mannschaft wird das erste Tor schießen?

Ist doch wurscht. Hauptsache, es geht los.

V. sagt: Bayern.

Welche Mannschaften SOLLTEN absteigen?

Ehrlich? Ist mir egal, jetzt wo Fürth wieder zweite Liga spielt.

V. sagt: Hoffenheim. Braunschweig. Hannover.

Welche Mannschaft wird Meister?

Was Überraschendes wär schön - also nicht Dortmund oder Bayern. Aber da's im Fußball immer weniger Überraschungen gibt: Dortmund oder Bayern.

V. sagt: Bayern.

Wenn du nicht im Stadion bist, wo wirst du die Spiele schauen?

Unwahrscheinlich, dass ich diese Saison ins Stadion komme. Also daheim auf'm Sofa. Oder ich höre sie im Auto, natürlich auf Bayern1.

Wie sehr vermisst du die Bundesliga auf einer Skala von 1 bis 10 - wobei bei 1 so ziemlich keien Tröne nach der Bundesliga verdrückt wird und 10 quasi bedeutet, dass du ernste Entzugserscheinungen hast?

3. Nach dem ganzen Getue zwischen Dortmund und Bayern war ich diesmal echt übersättigt. So ein bisschen Pause war schön. Aber jetzt ist auch gut, dass es wieder los geht.

V. sagt: 10.







1.9.12

Sprachkurs (3)

Das Kind macht Fortschritte, vor allem sprachlich.

Ein Beispiel:

V: Wir sind der Club! Sag mal: Wir sind der Club!

Kind: lacht.

V: Wir sind der...

Kind: ...Klopp!

V: Fast! Nochmal - Wir sind der...

Kind: Klopp!

V: Jetzt streng dich an - Wir sind der C - L - U - B!

Kind: Klopp! Klopp! Klopp!


Wie passend, dass wir uns zum Spiel heute einen BVB-Fan eingeladen haben.

24.8.12

Die schreckliche fußballfreie Zeit...

... hat endlich ein Ende, doch dann das:


Seufz.

Wie wär's denn mal mit einer Werbung fern alberner, überholter, sexistischer Klischees?

Kann man nicht einfach Menschen zeigen, die sich freuen, dass wieder Fußball kommt?
Frauen, Männer, Kinder, Schwule, Lesben, Omas, Opas... was auch immer.
(Ohne Flintstones-Optik, Glupschaugen oder Fußball-BHs. Und nein, das mit der Ironie lasst Ihr jetzt lieber mal bleiben, das ist nämlich Glückssache.)

Denkt euch was aus, ARD.

Bundesliga-Fragebogen 2012/13

Seit Jahren verfolge ich die Bundesliga-Fragebögen in den Fußball-Blogs, wird Zeit, dass ich auch mal einen beantworte. Dieser hier kommt via Anke Gröner.
Natürlich hat der V. auch seine Einschätzung abgegeben.

Dein Verein heißt:
1. FC Nürnberg.

Wie lautet das offizielle Saisonziel, sofern es bekannt ist?
V: Klassenerhalt, 40 Punkte und "kleine Highlights".

Wie lautet DEIN Saisonziel für deinen Verein?
V sagt, Klassenerhalt. Ruhige Saison. (Was er dabei denkt: Und 6. Platz, und europäisch spielen.)
Ich: Erste Tabellenhälfte wäre schön, ich mag die Schrecksekunde, wenn ich den Club in der unteren Hälfte nicht finde.

Welchen Spieler hätte deine Mannschaft in der Pause besser nicht abgegeben?
V sagt, Didavi, hat in den letzten Spielen acht Tore gemacht.

Welchen Spieler hätte deine Mannschaft besser verkaufen sollen?
V sagt, die haben alle verkauft, die er rausgeschmissen hätte, z.B. Juri Judt.

Welchen Spieler hätte deine Mannschaft diese Saison besser nicht gekauft?
V sagt, Wollscheid, der war der einzig gute Abwehrspieler.

Wer von den neuen Spielern wird deiner Mannschaft am besten helfen?
Hiroshi Kiyotake

Wie wirst du in dieser Saison deine Mannschaft unterstützen?
V: Sooft wie möglich ins Stadion gehen und ständig Liga Total schauen. Und Heute im Stadion hören.
Den V. Liga Total schauen lassen, selber mit schauen, twittern, Blog schreiben und hoffentlich mal wieder ins Stadion gehen (aber nur bei schönem Wetter).

Wie findest du das neue Trikot deiner Mannschaft?
Super, weil's das alte ist.
Es ist schon in Ordnung, weil wieder ein Sponsor drauf ist, auch wenn ich nicht wissen will, wo und für wie wenig Geld der seine Klamotten produzieren lässt. Aber man kann sich jetzt wieder guten Gewissens einen "Atomkraft nein danke"-Aufkleber aufs Auto pappen.

Welcher Stürmer wird die Torjäger-Kanone holen?
V befürchtet, Mandzukic, hofft aber, dass es Lewandowski wird.
Vielleicht auch Marco Reus?

Welcher Trainer wird als erstes gefeuert?
Fink.
Fink.

Welche Mannschaft wird das erste Tor der Saison schießen?
V sagt, Dortmund, heute abend kracht's.
Dem schließe ich mich mal an, auch wenn's mich für Bremen irgendwie freuen würde.

Welche Mannschaften SOLLTEN absteigen?
V: Fürth, Düsseldorf, Frankfurt.
Fürth. Düsseldorf. Hoffenheim.

Welche Mannschaft wird Meister?
Bayern.
Nochmal Dortmund wär unheimlich, oder? In der Arbeit hab ich ja auf Schalke getippt, aber das macht meine kleine Tippgeschmeinschaft jedes Jahr so.

Wenn du nicht im Stadion bist, wo wirst du die Spiele sehen?
Sofa.
Dito.

Wie sehr vermisst du die Bundesliga auf einer Skala von 1 bis 10 - wobei 1 so ziemlich keine Träne nach der Bundesliga verdrückt und 10 quasi bedeutet, dass du ernste Entzugserscheinungen hast?
7.
5.

Wird es eine spannende Saison für deine Mannschaft?
V: Hoffentlich nicht.
Für den Club wird es immer spannend, denn für den Club geht es immer um die Wurscht.


28.6.12

Ich lern ja nie aus. Fußballwissen. Lektion 1.

Nach fast sechs Jahren mit diesem Blog, kann ich zwar immer noch nicht die Abseitsregel erklären geschweige denn verstehen, aber ein bisschen Wissen hab ich schon.

Ich weiß zum Beispiel, was der Sechser ist. Also, Ballack, Schweinsteiger, Khedira. Das sind Sechser. Braucht mir keiner erklären, was die machen. Seh ich. Weiß ich.

Dann kam der Neuner. In Gestalt von Mario Gomez und Fernando Torres. Plötzlich sprachen alle nur vom Neuner und ich war verwirrt. Was macht jetzt der? War das nicht früher der Sechser?

Ich fragte V.

Der mir angetraute Fußballsachverständige sprach: Der Neuner ist der Stürmer. Was dachtest denn du?

Ich (todesmutig): Ist das nicht der Sechser? Ballack, Schweinsteiger, Khedira?

V: Quatsch. Der Sechser ist defensives Mittelfeld. Das sieht man doch.

Soso. Sieht man.

Ich: Aber warum jeden jetzt alle vom Neuner? Vom Original-Neuner? Vom klassischen Neuner?

V: Weil der klassische Neuner nur Tore schießt und sonst nix macht. Wie der Gomez. Fuß hinhalten, wenn der Ball kommt, Tor. Ein Knipser.

EIN KNIPSER!!! Warum sagt mir das denn keiner! Natürlich weiß ich, was ein Knipser ist. So einer hat mal beim T. in der Mannschaft gespielt, der konnte nicht viel, aber im richtigen Moment den Fuß hinhalten. Seitdem weiß ich, was ein Knipser ist.

Und seitdem finde ich, es klingt so schön. Es klingt, als könnte das sogar ich. Knips Knips Tor. Einfach mal schnell den Fuß hinhalten und ab. Rumstehen und knipsen, ich glaube, ich könnte das.

5.6.12

Sprachkurs (2)

Der V. gibt nicht auf, der Sprachkurs mit dem Fräulein geht in die nächste Runde.
Die Voraussetzungen sind gut, momentan plappert sie alles nach. Fast alles.

V: Sag mal "Club".

Fräulein (sortiert Einmachgummis auf dem Küchenboden): Mabb.

V: Och, komm. Nochmal: Club!

Fräulein: Bubb!

V: Fast! Sag: Club!

Ich: Oder: F - C - N!

Fräulein (reicht mir einen Einmachgummi): Ebbenbeg.

Ich: Effenberg?! Hast du gerade Effenberg gesagt?

Fräulein (artikuliert einwandfrei): Effenberg!

V (übermütig): Lothar Matthäus!

Fräulein (ohne Nuscheln): Lothar.

V (verblüfft): Netzer!

Fräulein (mit einem Juchzen): Netzer! Netzer! Netzer!

V (selig): Sie hat Netzer gesagt! Wahnsinn! Und jetzt sag mal "Club"!

Fräulein (reicht ihm einen Einmachgummi): Mabb. Hehe.



18.4.12

Champions League, total interaktiv

Früher hätte ich an einem Abend wie gestern folgendes getan:
- V. verabschiedet, der sich das Bayern-Spiel in der Kneipe nebenan anschauen wollte.
- Noch mal blöd gefragt: Wer spielt? Aha. Champions League? Soso. Schon Halbfinale? Tschüß.
- Bisschen Küche aufgeräumt.
- Bisschen gebügelt.
- Bisschen Nägel lackiert.
- Die letzte Folge von Grey's Anatomy im Internet nachgeguckt.
- Bisschen bei Facebook geschaut.
- Bisschen gelesen.
- V. begrüßt, der mir von einem krassen Spiel erzählt und unsympathischen Bayernfans. Aha. Soso. Gute Nacht.

Aber mit etwas Fußballwissen und dem Anspruch, informationsmäßig völlig auf der Höhe zu sein, war das so:
- V. verabschiedet. Kind ins Bett gebracht.
- Noch schnell Küche aufgeräumt, Pizza in den Ofen getan.
- Fernseher genau rechtzeitig angemacht, um Jupp Heynckes rote Birne zu betrachten.
- Internet angemacht.
- Twitter angemacht.
- 11 Freunde-Liveticker angemacht.
- Versucht, selbst was bei Twitter zu posten. Kam mir dann zu banal vor.

(Ich bin ja sehr langsam mit neuen Entwicklungen, wahrscheinlich langsamer als meine Oma. Ich find alles erstmal blöd. Digitalkameras, Laptops, Facebook, Smartphones, Twitter. Dann kann ich nix damit anfangen. Dann mache ich auf "Retro-Alte-Werte-Mich-Kriegt-Ihr-Nicht". Dann haben/benutzen alle dieses neue Ding. Dann will ich es ganz dringend auch. Und bin sehr bemüht, mir nicht anmerken zu lassen, wie NEU das alles für mich ist. Ich meine: Twitter!!! Meine Oma macht das wahrscheinlich schon längst.)

Fazit:
- In der ersten Halbzeit bin ich total überfordert. Ich lese Banalitäten im Twitter-Stream, schaffe es nicht, gleichzeitig auf den Fernseher zu schauen und erfahre erst bei 11 Freunde, wie spannend das Spiel eigentlich ist. Natürlich verpasse ich das 1:0. Bin aber schon geplättet, wie gut die Bayern spielen. Die Pizza wird kalt.
- In der zweiten Halbzeit klappt es schon besser. Ich esse die Pizza auf, mache mich an die Bügelwäsche, schaue nur noch alle 10 Minuten in den Stream und den Ticker und heule mich dafür bei Facebook aus. Dann schaffe ich es sogar, mir noch die Nägel zu lackieren und ein bisschen was vom Spiel zu gucken.
- Poste noch eine Banalität über Ronaldos Schuhe.
- Begrüße V., der mir vom krassen Spiel und den unsympathischen Bayernfans erzählt.
Gute Nacht.

17.4.12

Sprachkurs

Das Fräulein spricht schon recht viel. Also eine ganze Menge für ihre 18 Monate, finde ich. Auch Fünf-Silber wie "Feuerwehrauto" sind ab und zu schon drin.

Aber ein Wort will ihr nicht über die Lippen.

"Sag mal Club", bittet der V.

"Bus."

"Nein, Club."

"Bus."

"C-L-U-B."

"Bus."

"Glubb."

"Bus."

"Club! Club!"

"Feuerwehrauto!"

Pubertäre Champions League

Die coolen Jungs sind ja auch nicht mehr das, was sie früher waren.
Zumindest haben sie keine Ahnung von Fußball.

Heute in der S-Bahn.
"Gegen wen spielt Barcelona eigentlich?"
"Weiß nich. Und die Bayern?"
"Inter Mailand."

Ich möchte über die zwei Sitzreihen, die uns trennen, springen, ihm den Pony aus dem Gesicht klappen und schreien: "Chelsea!!! Real Madrid!!! Bitte sag, dass du das nur nicht weißt, weil du dich mehr für Altgriechisch interessierst!"

Aber so sieht er nicht aus.




22.11.11

Fußball total.



"Bist du verrückt, in dem Alter soll sie doch noch nicht fernsehen!"

"Das ist nicht Fernsehen, das ist Fußball."


Hier prallen zwei Erziehungsstile aufeinander.

Ich will, dass das Kind erst einmal ohne Fernsehen aufwächst.

Der V. möchte, dass es mit Fußball aufwächst.

Vor allem aber möchte der V. Samstags um halb vier in Ruhe Bundesliga schauen. Jetzt, wo er es endlich kann und wir auch dafür bezahlen.



(Das Kind sieht übrigens nicht immer so interessiert zu wie auf dem Foto, es verliert sogar ziemlich schnell das Interesse und zuckt nach mehreren Spieltagen nicht mal mehr, wenn sein Vater den Schiri anblafft oder die Abwehr zusammenfaltet.)

Seit Mitte Oktober haben wir LigaTotal. Das heißt, wir bezahlen knapp 15 Euro im Monat und können dann alle Bundesliga-Spiele sehen. Nicht nur live, sondern wann immer, wir das wollen. (Ich will das nicht.)

Es war ein langer Weg dahin. Ich bin soweit zu glauben, dass in der DDR die Trabbis schneller ausgeliefert wurden als es die Telekom heute schafft, T-Entertain und LigaTotal freizuschalten.

Aber von vorne. Von ganz vorne.

Januar. Wie immer, wenn der V. ein Ding möchte und ich nicht, ergebe ich mich irgendwann meinem Schicksal. (Näheres dazu hier.) Diesmal möchte der V. gerne T-Entertain und LigaTotal. Auf Deutsch heißt das: Fernsehen übers Internet mit Festplattenrekorder und alle Bundesligaspiele. Immer. Und jedes Wochenende live. Irgendwann möchte ich das auch. Ich weiß nicht warum, aber darüber möchte ich nicht nachdenken. Für all das sind wir bereit, zur Deutschen Telekom zurückzukehren. Und zuerst ist auch alles ganz einfach: Im T-Punkt (der nicht mehr so heißt), hackt der Typ hinterm Tresen ein paar Infos in seinen Computer, druckt uns zwei Seiten aus und sagt: "Hm, ob das mit LigaTotal noch in dieser Saison hinhaut kann ich nicht versprechen." Der V. verspricht, zu warten.

März. Die Telekom schreibt, dass unser alter Anbieter uns erst im Juli ziehen lässt. Tja. Die Saison wäre futsch. Die Telekom schreibt auch, dass sie uns diese Auftragsbestätigung zum zweiten Mal schicken, beim ersten Mal sei sie zurückgekommen. Kein Wunder. Ging ja auch an eine Adresse, die schon sehr lange nicht mehr unsere ist. Die Auftragsbestätigung ist für Telefon und Internet. Dass von Fernsehen und Fußball keine Rede ist, fällt mir nicht auf.

Juli. Telefon und Internet funktionieren. Für Fernsehen und Fußball braucht man ein Extra-Kästchen. Davon keine Spur. Wird schon noch kommen, beschwichtige ich. Die haben uns doch nicht vergessen! Ende Juli, der Beginn der neuen Saison rückt immer näher, beschwert sich V. im T-Punkt (der jetzt anders heißt). Dort stellt sich heraus: Unseren Auftrag gibt es nicht. V. bestellt alles neu. Vielleicht klappt es mit der Bereitstellung bis zum ersten Spieltag, sagt der Typ im Laden (ein anderer als im Januar), versprechen könne er aber nichts.

August. Zwei Wochen passiert: nichts. Dann ruft ein Typ an und will wissen, wie zufrieden wir mit dem Service im Laden gewesen wären. Ich antworte wahrheitsgemäß, dass alle sehr nett und zuvorkommend waren, wir aber immer noch nicht da bekommen haben, was wir bestellt haben. Der Typ fragt, was die Telekom noch tun könnte, um ihren Service zu verbessern. Ich breche in hysterisches Gelächter aus. Am nächsten Tag überwinde ich mich und rufe die Hotline an. Die Frau am anderen Ende der Leitung ist gleich dran, sie ist sehr nett und entschuldigt sich ständig. Auch hier stellt sich heraus: Unseren Auftrag gibt es nicht. Dafür ist immer noch die alte Adresse gespeichert. Sie ändert die Adresse. Sie bestellt alles neu. Ich will ein netter Kunde sein. Ich lobe die Hotline. Ich sage, dass das alles nicht so schlimm ist. Jetzt ist ja alles bestellt. "Sie kriegen dann in den nächsten Tagen eine Auftragsbestätigung und am 1. September wird alles funktionieren." Nette Frau.

September. Zwei Wochen passiert: Nichts. Dann erhalten wir statt einer Auftragsbestätigung den Festplattenreceiver. Mit dem wir nichts anfangen können, es ist ja nichts freigeschaltet. Eine Frau ruft an und sagt, die Auftragsbestätigung sei wieder zurückgekommen, ob das unsere Adresse sei. Nein, das ist die alte. Ob sie das ändern könne. Nein, da müsse ich die Hotline anrufen. Ein Typ ruft an und fragt, wie ich mit dem Service der Hotline zufrieden sei. Ich antworte wahrheitsgemäß, dass alle sehr nett und zuvorkommend seien, kann dann aber nicht verhindern, hysterisch-diabolisch zu lachen. Er legt auf. Ich bin mittlerweile in der Lage, im Internet-Kundencenter der Telekom meine Daten einzusehen. Unser Auftrag hat dort einen neuen Status bekommen. Er lautet: gelöscht. Ich rufe die Hotline an, die Frau am anderen Ende der Leitung ist sehr nett, aber sie kann sich auch nicht erklären, warum das System alles löscht. Sei bestellt alles neu. Am 22. September soll alles funktionieren. Ein Typ ruft an und fragt, wie ich den Service der Hotline finde. Ich fange an zu heulen.

21. September. Der Status unseres Auftrags im Kundencenter lautet: gelöscht. Ich rufe die Hotline an. Der Typ am anderen Ende der Leitung ist entrüstet, kann sich aber auch nicht erklären, was das System gegen unseren Auftrag hat. Er verspricht uns ein Geschenk und bestellt alles neu. Warum bestellen Sie alles neu, frage ich, Sie müssen doch nur freischalten. Gibt's da kein Kästchen, dass Sie anklicken können? Nein. Alles neu oder gar nicht. Ok. Alles neu. Am 4. Oktober werde alles funktionieren. Später verschiebt die Telekom den Freischaltetermin auf den 13. Oktober. Ich beschwere mich auf der Facebook-Seite der Telekom. "Das ist sehr unglücklich", schreibt die Frau, die die Seite betreut.

Oktober. Es funktioniert. Auf das Geschenk warten wir noch.

November. Eine Frau ruft an und will wissen, wie wir T-Entertain finden. Ich lege auf.

Auf das Geschenk warten wir noch. Der Club hat seit Oktober nicht mehr gewonnen.

14.9.11

Michael.

Der V. ist angefressen. Nein, nicht weil die Bayern 1:0 gegen Villareal führen.

(International ist man ja für die Bayern, muss man für die Bayern sein, das hat was mit Mathematik zu tun. Was, hab ich aber vergessen und sowieso nur rudimentär verstanden. International muss man jedenfalls für die Bayern sein, so wie meine Oma mal gesagt hat, dass man für die Bayern sein muss, weil wir nun mal in Bayern leben. Da Franken seit über 200 Jahren nicht mehr eigenständig ist, entbehrt das nicht einer gewissen Logik.)

Der V. ist also angefressen und es hat nichts mit Fußball zu tun, eher mit seiner derzeitigen Lebenssituation, die sich fast ausschließlich zu Hause und mit dem Fräulein Magath abspielt. Nun kann der eine oder andere einwenden, mit HERRN Magath wolle er auch nicht so viel Zeit verbringen, am besten gar keine, aber ich kann versichern, mit dem FRÄULEIN Magath ist es nicht ganz so schlimm. Nur manchmal ein bisschen anstrengend. Das nennt sich dann Elternzeit. Andere Männer reisen in dieser Zeit nach Neuseeland, der V. sagt, er käme kaum noch aus der Küche raus.

Der V. ist bockig und erinnert mich dabei an Michael Ballack. Diesen bockigen Küchen-Gesichtsausdruck vom V. habe ich so schon mal gesehen, nämlich als bockigen Tribünen-Gesichtsausdruck bei Michael Ballack.

Aber gegen Michael Ballack darf man in diesem Hause nichts sagen. Nicht vorm V. Darf man nicht von der wunderbaren Verjüngung der Nationalmannschaft sprechen, und wie dieser Götze, und erst der Özil... und dass das mit der Verletzung vom Ballack letztes Jahr, also, dass das schon blöd war, aber für den deutschen Fußball doch nun wieder auch nicht soooo schlecht...

Wird der V. aber richtig bockig. Setzt zu langen Verteidigungsreden an, wie er sie für Lothar Matthäus noch nicht gehalten hat. Das hat in erster Linie nichts damit zu tun, ob Michael Ballack noch gut Fußball spielt und ob er dies noch in der Nationalmannschaft tun sollte.

Es hat allein damit zu tun, dass Michael Ballack genauso alt ist wie der V.

Früher, als die Fußballer noch Oberlippenbärte und sehr kurze Hosen trugen, waren sie unwahrscheinlich alt. Mindestens so alt wie unsere Eltern. Eher noch älter. Das war so ungefähr die Zeit, als ich nicht wusste wohin mit diesen ganzen Duplo-WM-Bildchen. Weshalb Bodo Illgner und Olaf Thon 20 Jahre am Badezimmerschränkchen meiner Eltern klebten.

Dann waren die Fußballer plötzlich ein bisschen älter als man selber, ungefähr so alt wie die Jungs zwei Klassen über mir, die schon in der Kollegstufe waren. Und schließlich so alt wie ich selbst, das fand ich eher unspektakulär - finde es immer noch (Arne Friedrich ist so alt wie ich) - aber V. wähnte sich in einer goldenen Generation: Michael Ballack. Francesco Totti. Clarence Seedorf. Patrick Vieira. Ruud van Nistelrooy.
Prominente Leute, die so alt sind wie man selbst, zeigen einem immer ein bisschen, was hätte sein können: Deutscher Meister. FA-Cup. Haus in London. Haus am Starnberger See. Irgendwann Weltmeister, weil man wird ja so lange als Kapitän aufgestellt, bis es klappt, und wenn erst 2022 in Katar.

Irgendwann sind die Fußballer dann jünger als man selbst, sie sind dann so alt wie der jüngere Bruder, was ok ist, denn dann zeigen sie einem was aus dem Bruder hätte werden können, und dann wäre man die Schwester von XY, der da unten Lionel Messi austrickst und das wäre cool.

Dann sind die Fußballer jünger als der Bruder, noch viel jünger sogar, sie haben noch nicht mal Abitur und könnten theoretisch Michael Ballacks Söhne sein.

Wenn man jetzt im gleichen Jahr geboren wurde wie Michael Ballack, dann ist man alt. Und kann schon mal bockig werden, wenn dieser Quasi-Weggefährte auf der Tribüne sitzt und ebenfalls bockt.

Ich weiß, dass diese depressive Phase eines Tages vorbei sein wird. Vielleicht, wenn Michael Ballack als Bundestrainer in Katar den Weltmeistertitel holt.

Siehste, wird V. dann sagen. Ich bin auch 46. Könnte auch ich sein, da mit dem Pokal.

Ich werde milde lächeln und mich fragen, was Arne Friedrich eigentlich so macht.

29.3.11

Down Under. Der Unvollendete Eintrag.

Die Fragen, die den V. und mich bei diesem Länderspiel, neben Mario Gomez' Frisur, am meisten beschäftigen, sind diese:

Warum trägt Podolski als einziger das Nationaltrikot in der hautengen Variante?
Ziehen ihn die anderen Spieler deswegen auf? ("Für Poldi nur Salat, sonst platzen die Nähte!")
Wechselt er vor seinem 30. Geburtstag in die legere Variante oder beendet er seine Karriere als Wurst in Pelle?
Und wann bindet er sich mal die Hose zu? Wieso hängen da die Schlaufen raus? Sitzt doch nicht daheim auf'm Sofa, konstatiert V.

Aber vor allem: Wer sitzt da neben Michael Ballack? Ist das Klaus Kinski?

Doch von vorn:
Während mir beim Anblick von Wieses Friese noch die Augen brennen (Wo ist das Gegengift! Wo ist Gomez?!), schreit das Fräulein Magath.
Ich: Das Kind schreit.
V.: Aber es ist doch Fußball.
Chauvi.
Das Fräulein allerdings zeigt Verständnis für seinen Einwand und beruhigt sich gleich wieder.

Warum müssen wir eigentlich gegen Australien spielen, will ich wissen.
Nicht müssen, sagt V. Dürfen. Ein Freundschaftsspiel DARF man bestreiten und man DARF sich dabei auch sehr gerne langweilen.

Bin ich froh, dass dieses Spiel in Mönchengladbach stattfindet. Wäre die Wahl des DFB auf München gefallen, säße ich jetzt wieder in Skiunterwäsche in der Allianz Arena, weil V. und T. und die anderen schon wieder erfolgreich verdrängt haben, warum wir nach dem Tschechien-Debakel 2007 und dem Argentinien-Debakel 2010 eigentlich nie wieder ein überflüssiges Länderspiel live sehen wollten. Wobei mich wundert, dass der T. keine Karte für Mönchengladbach gelöst hat. Wo er sich doch in Australien gerade verlobt hat, der alte Romantiker.

Scheiße, sagt der V. plötzlich, kaum hol ich mir Cornflakes, steht's 1:0.


8.3.11

In Echt. Oder in Spiel?

Heute beim Kinderwagen-Schieben kam mir ein Typ im St.-Pauli-Shirt entgegen, da konnte ich mir ein hämisches Grinsen wirklich nicht verkneifen.

Wahrscheinlich hat sich der Typ gefragt, warum die Mutti mit dem Kinderwagen so blöd lacht (dabei ist es ein Kinderwagen in Club-Farben!!! Halloooo!), aber auch egal.

Während ich mich immer noch etwa stündlich frage, ob das am Samstag nun wirklich passiert ist.

In Echt.

5:0 gegen St. Pauli, das klingt nicht nach einem realen Club-Spiel, sondern nach einem dieser Fantasie-Ergebnisse, die der V. am Computer bei "Fifa 10" einfährt, aber auch nur wenn er auf Stufe "Easy" oder "Amateur" spielt. Dann gewinnt er auch gegen Liverpool gerne mal so hoch wie andere nur in der E-Jugend.

In Spiel.

(Zum besseren Verständnis, es existieren die Stufen Easy, Amateur, Semi-Pro, Professional, World-Class... und.... festhalten: Legendary. Der V. ist gerade bei Semi-Pro angelangt und hat versucht, mit niederländischem Kommentar zu spielen. Hat es wieder gelassen. Zu der Einsicht ist der FC Bayern nun ja auch gelangt.)

Wie verkraftet der V. also dieses sehr reale, echte 5:0?

Die Antwort ist: Gar nicht.

Als jahrelanger Club-Fan hat er es versäumt, sich Verhaltensweisen anzueignen, die er bei Siegen, vor allem bei mehreren in Folge, abrufen kann. Die Gelegenheit wäre in der extrem erfolgreichen Saison 2006/07 (Pokalsieg) günstig gewesen, aber danach ist der Club ja gleich wieder abgestiegen.

Der V. verhält sich jetzt mangels, ich nenne es mal, Erfolgspraxis, wie bei einem gerade so heim gebrachten Unentschieden. Auch wenn er natürlich weiß, dass der Club drei Punkte geholt hat und in der Tabelle nur knapp hinter den Bayern liegt, vermittelt sein Gesichtsausdruck eher ein resigniertes "Na ja, wenigstens ein Punkt".

Dass das Schicksal es ihm vorenthielt, auch nur eine Minute dieses Hammerspiels im Fernsehen zu sehen, versteht sich von selbst. V.s Fluch bei Club-Siegen ist das Äquivalent zu meinem Stadionbesuch-ist-gleich-Niederlage-Fluch.

Gewinnt der Club, verpasst der V. die Zusammenfassung im Fernsehen.
Zuerst in der Sportschau.
V. schaltet ein, da dauert der Beitrag für das Club-Spiel nur noch ein paar Sekunden.
Dann im Aktuellen Sportstudio. Während Poschmann einen Hannover-96-Spieler interviewt schläft V. ein, als er erwacht, ist der Club-Beitrag längst versendet.
Sonntags zeigt Sport1 die Bundesliga zwei Mal, wieder schaltet der V. zu spät ein, am Nachmittag fällt die Bundesliga aus, wegen Tennis. Tennis!

Vielleicht ist der Fußballgott ja abergläubisch und lässt den V. die Club-Siege nur deshalb nicht sehen, damit es weiter bei Siegen bleibt.

Apropos Aberglaube: Ist Jürgen Klopps Barthaar deshalb so struppig oder hat er eine Wette laufen? Wird er sich bis zur sicheren Meisterschaft nicht mehr rasieren? Neun Spieltage lang? Die Meisterschale mit Rauschebart entgegen nehmen? Muss ich das dann in HD sehen?

Bitte nicht.


3.3.11

V. sucht

Wenn das Fräulein Magath mal schläft, dann sieht unser Abend so aus wie jetzt:
Der V. und ich sitzen uns schweigend gegenüber, der V. trägt Kopfhörer, drückt im Sekundentakt Computertasten und brummt dabei. Das Ganze nennt sich "Fifa 10", und in dieser virtuellen Welt spielt der V. so virtuos, dass der Club mindestens Weltmeister wird.

Gespielt hat der V. aber schon lange nicht mehr, erst hat ihn das Fräulein Magath nicht gelassen, dann hat er die CD mit dem Spiel nicht gefunden.

"Ich hab schon überall gesucht", jammert er, was bedeutet, er hat nur oberflächlich geschaut und vor allem nicht da, wo das Spiel sich befindet.

Wie neulich mit den Handschuhen: "Wo sind die nur, ich such die schon seit einer Woche, ich hab doch schon überall geschaut."
"Auch im Auto?", frage ich.
"Natürlich", motzt er, "da ja wohl als allererstes", während ich im Augenwinkel wahrnehme, wie die Handschuhe verzweifelt am Autofenster auf und ab hüpfen und rufen "Hallooooo, hier sind wir, er hat uns nicht gesehen, obwohl wir seit einer Woche hier liegen!"
"Da sind sie doch", sage ich mit meiner Das-Hirn-in-der-Beziehung-bin-ja-wohl-ich-Stimme, worauf er zurecht ein bisschen sauer ist, aber mir auch ein bisschen recht gibt, und dann befreit er die Handschuhe aus ihrem Gefängnis auf der Rücksitzbank.

"Es gibt da diese Schachtel, da hab ich irgendwann mal alle Computerspiele rein", sage ich jetzt.
Jauchzen. Frohlocken. Preisen meines Ordnungssinns. Verzweiflung.
"Oh nein, in der Fifa-Hülle ist ja Drakensang! Und in der Drakensang-Hülle ist nichts! Wieso ist denn die Fifa-CD in der Oblivion-Hülle?" (Manchmal spielt der V. auch so Fantasy-Zeugs.)

Was sonst geschah:

Der Club spielt gut, fast zu gut, um dieses Blog ordentlich zu führen. Dem Club-Fan an meiner Seite und vielen anderen auch steigt das mit den vier Siegen in Folge (zuletzt 1989!) mal wieder zu Kopf, da wird schon wieder von "international spielen" und "Euro-League, also Uefa-Cup" gefaselt, da will man wieder zu viel.

Ich persönlich bin immer noch irritiert, wenn Nürnberg in der zweiten Tabellenhälfte nicht zu finden ist, und will dann reflexartig eher noch weiter unten suchen als einfach ein Stückchen weiter oben. Ansonsten freue ich mich für Dortmund, da kann man mich jetzt wieder Event- oder Schönwetter-Fan schimpfen, da lach ich doch, in meiner Familie hat die Affinität für den BVB eine lange Tradition, schon vor fast 20 Jahren habe ich "18" und "Ricken" auf T-Shirts gepinselt (ok, es war 1996 oder 1997, aber das ist echt lange her).

Einen neuen Fernseher haben wir jetzt auch. Letztlich wurde nicht lange gefackelt, der alte hat sich immer noch bemüht, aber dann klappte das Bild seitlich so ein, der Ausschnitt wurde immer schmaler und dem V. wurde es zu blöd. An einem Samstag verkündete er schließlich "Ich geh jetzt los und kauf einen neuen Fernseher." Zwei Stunden später war er mit einem obszön großen Teil (40 Zoll oder so) zurück, noch mal fünf Minuten später wollte ich nie wieder einen anderen Fernseher.

Auch wenn mich seitdem Felix Magaths Nase in meinen Träumen verfolgt und meine Schwärmerei für Jürgen Klopp doch leicht erkaltet ist.

High Definition hat was unromatisches.